Zahl der Muslime in Deutschland seit 2015 um 900.000 gestiegen

ARCHIV - Nachtgebet in einer Moschee in Frankfurt am Main. 82 Prozent der Muslime in Deutschland halten sich laut der Studie für stark oder eher religiös. Foto: Arne Dedert/dpa

NÜRNBERG – Die Zahl der Muslime in Deutschland ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das geht aus einer Studie hervor, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im Auftrag der Deutschen Islamkonferenz erarbeitet hat.

Am Mittwoch wurde sie in Nürnberg gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium vorgestellt. Demnach leben derzeit zwischen 5,3 und 5,6 Millionen Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland, das entspricht einem Anteil von 6,4 bis 6,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Im Vergleich zur letzten Hochrechnung im Jahr 2015 ist die Zahl der muslimischen Religionsangehörigen um rund 900.000 Personen gestiegen. Mit 47 Prozent sind fast die Hälfte deutsche Staatsbürger.

Die Türkei als Herkunftsland stellt mit 45 Prozent weiter den größten Anteil. 27 Prozent kommen inzwischen aber auch aus den muslimisch geprägten Ländern des Nahen Ostens und aus Nordafrika, fast 20 Prozent aus Südosteuropa. Die Fluchtbewegungen der Jahre 2015 und 2016 hätten nicht nur die Zahl der Muslime in Deutschland deutlich gesteigert, sondern auch die Anteile der Herkunftsländer unter den Muslimen verschoben, sagte Studienleiterin Anja Stichs.

So unterschiedlich die Herkunft, so verschieden ist auch die Religiosität. 82 Prozent hielten sich für stark oder eher religiös, 39 Prozent der Muslime in Deutschland beteten täglich, nur 30 Prozent der muslimischen Frauen und Mädchen trügen Kopftuch, sagte Stichs. Aber: Bei den Frauen im Alter von über 65 Jahren sei es noch immer die Mehrheit. «Die muslimische Bevölkerungsgruppe ist im Zusammenhang mit der Zuwanderung aus muslimisch geprägten Ländern im Nahen und Mittleren Osten in den letzten Jahren vielfältiger geworden», sagte Bamf-Präsident Hans-Eckhard Sommer.

«Die Analysen zeigen zudem, dass der Einfluss der Religion auf die Integration häufig überschätzt wird», sagte Sommer. Aspekte wie die Aufenthaltsdauer, Migrationsgründe oder die soziale Lage prägten den Integrationsprozess in einem weitaus größeren Ausmaß als die Religionszugehörigkeit. Die Zugehörigkeit zu einem deutschen Verein, das Erlernen der Sprache – all das fördere Integration und damit auch soziale Chancen. Die Zahl der Muslime mit Berufsausbildung ist in der zweiten Generation deutlich höher als bei denjenigen, die noch selbst ausgewandert sind.

Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber, wies auf das lang anhaltende Problem der muslimischen Moscheeverbände hin. Ihre Repräsentativität sei eingeschränkt, sagte er. Die zum Teil aus der Türkei gesteuerten Organisationen müssten in Deutschland beheimatet werden und die Weisungsbefugnis aus der Türkei aufgehoben werden, sagte Kerber. Er wolle dies baldigst bei einem Gespräch in Ankara vorbringen.

Das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hatte für die Studie «Muslimisches Leben in Deutschland 2020» 4500 Musliminnen und Muslime befragt. Parallel wurden mehr als 500 Menschen ohne Migrationshintergrund als Vergleichsgruppe befragt. Die letzte Erhebung datiert von 2015.

Bildquelle:

  • Gebet in Moschee: dpa

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