AL RAFFAN – Sie haben endlich Fußball gespielt, sie haben gekämpft – ber sie haben verloren. Riesenfrust über den WM-Auftaktschock für die deutsche Nationalmannschaft: Nach dem 1:2 (1:0) gegen Japan droht den Jungs wie 2018 in Russland schon wieder das Vorrunden-Aus.
Zwei Joker-Tore des Freiburgers Ritsu Doan (75. Minute) und des Bochumers Takuma Asano (83.) rissen Bundestrainer Hansi Flick und sein Team aus allen Träumen. Die zahlreichen vergebenen Chancen nach dem Elfmetertor von Ilkay Gündogan (33.) rächten sich brutal.
Sportlich erinnerte das 1:2 an die WM vor viereinhalb Jahren, als ein 0:1 gegen Mexiko das schmachvolle Vorrunden-Aus einleitete. Bei allen bisherigen vier Weltmeistertiteln konnte das deutsche Team sein Auftaktspiel gewinnen.
Die Japaner überließen in derersten Halbzeit dem DFB-Team komplett das Spiel und warteten lediglich auf die gefürchteten Umschaltmomente nach eigenen Ballgewinnen. Auch wenn Flick genau vor dieser Qualität gewarnt hatte, sorgte der viermalige Asienmeister damit das erste Mal für Gefahr. Gündogan, der von Flick den Vorzug gegenüber Leon Goretzka erhalten hatte, verlor in der achten Minute den Ball in der gegnerischen Hälfte. Die Japaner überbrückten rasant das Mittelfeld, Daizen Maeda stand bei seinem Treffer aber klar im Abseits.
Angst war zu spüren
Deutschland zeigte sich zunächst beeindruckt. Die Angst, ausgekontert zu werden, war der Flick-Auswahl deutlich anzumerken. Erst Mitte der ersten Halbzeit wurde das Offensivspiel mutiger, nach vorne ging es nur mit viel Laufbereitschaft. Für sein 17. WM-Spiel war Thomas Müller rechtzeitig fit geworden, im zentralen Mittelfeld agierte der 33-Jährige sehr umtriebig, seinen Aktionen fehlte aber die Präzision.
Torschütze Gündogan und Joshua Kimmich als Doppel-Sechs kam eine enorme Bedeutung zu. Einerseits mussten der Kapitän von Manchester City und sein Nebenmann des FC Bayern das deutsche Spiel gestalten, durften dabei aber auch nicht nach hinten aufmachen. Vier Minuten nach der ersten deutschen Chance durch einen Kopfball von Abwehrchef Antonio Rüdiger (16.) sorgte Kimmich per Distanzschuss für die zweite Annäherung ans japanische Tor.
Ein feiner öffnender Ball des 27-Jährigen auf den Leipziger Linksverteidiger David Raum leitete die verdiente Führung ein. Nach sicherer Ballannahme war der WM-Debütant im Strafraum von Japans Torwart Shuichi Gonda nur per regelwidriger Grätsche zu stoppen. Gündogan verwandelte sicher und behielt mit dem siebten verwandelten Elfmeter im siebten Versuch seine 100-Prozent-Quote im Nationaltrikot.
Das 1:0 gab dem deutschen Team zunächst noch Sicherheit. Mit flexiblem Positionswechsel agierte die deutsche Offensive nun dominant. Kurz vor der Pause jubelte Sturmspitze Kai Havertz zunächst, bei seinem Treffer stand der Profi des FC Chelsea aber im Abseits.
Starker Musiala
Bayern-Offensivspieler Jamal Musiala, nun viertjüngster DFB-Spieler bei einer WM, bewies mehrfach seine Extraklasse. Mit einem Solo im Strafraum tanzte der 19-Jährige gleich fünf Japaner aus, verpasste aber die Krönung: Sein Schuss strich über das Tor (52.). Sein Münchner Teamkollege Serge Gnabry war hingegen nur selten zu sehen. Defensiv erlaubte sich vor allem Dortmunds Nico Schlotterbeck immer wieder Wackler und war dem WM-Niveau zunächst nicht gewachsen.
Das Spiel wurde offener, Japan wechselte offensiv, brachte unter anderem Doan sowie Asano und setzte nun auf eine Dreierkette. Mit seiner Kunst am Ball leitete Musiala eine weitere Großchance ein, Gündogan traf jedoch nur den Außenpfosten. Leon Goretzka und Jonas Hofmann anstelle von Gündogan und Müller sollten für Frische sorgen. Der Gladbacher Hofmann hatte direkt die Riesenchance zum 2:0, auch gegen Gnabry rettete jedoch der japanische Keeper (70.).
Die Chancenverwertung blieb der Kritikpunkt im deutschen Spiel – und dieser Wucher rächte sich: Mit einer Riesenparade rettete Neuer zunächst noch gegen Junya Ito (73.). Wenig später war der Bayern-Keeper jedoch geschlagen: Eine scharfe Hereingabe konnte Neuer nur nach vorne klatschen lassen, der Freiburger Doan nutzte dies eiskalt und belohnte die Japaner für ihre Drangphase.
Das deutsche Team war geschockt. Schlotterbeck stand nach langem Freistoß weit von Asano entfernt, agierte zu zaghaft und konnte den Bochumer beim zweiten Gegentreffer nicht stören. Ein letzter Versuch von Goretzka ging daneben – die nächste Auftakt-Schmach war perfekt.
Bildquelle:
- Niederlage: dpa