Liebe Leserinnen und Leser,
viele von Ihnen werden sich noch erinnern, dass ich vor ein paar Tagen begonnen habe, an dieser Stelle über das Buch der RTL-Kollegin Liv von Boetticher über das Verschwinden des früheren Tengelmann-Chefs Karl-Erivan Haub zu schreiben. Dann passierte irgendwas Aktuelles, und ich wechselte zu einem anderen Thema.
Am Dienstag wurde bekannt, dass sich der wegen Betruges international gesuchte frühere Wirecard-Bank-Manager Jan Marsalek bei der Münchner Staatsanwaltschaft gemeldet hat, um einige Dinge aus seiner Sicht klarzustellen. Sowas ist immer zweifelhaft, denn wenn er eine weiße Weste hätte, könnte er ja mit ein paar Anwälten in Bayern auftauchen, sich stellen und aussagen. Ok, macht niemand, der wahrscheinlich 1,9 Milliarden Euro beiseite geschaft und sich abgesetzt hat – vermutlich nach Russland, wie deutsche Geheimdienste zu wissen glauben. Und wenn deutsche Geheimdienste Erkenntnisse haben, dann steht das kurz darauf in allen möglichen Zeitungen. Das macht uns Deutschen keiner nach, oder?
Warum heißen die eigentlich GEHEIMdienste?
Tatsächlich gibt es Hinweise bei den deutschen Ermittlern, dass es Zusämmenhänge zwischen den Themenkomplexen Wirecard-Skandal und dem mysteriösem Verschwinden des früheren Tengelmann-Chefs bei einem Skiausflug in Zermatt geben könnte.
In beiden Fällen spielen russische Banken eine Rolle, die seit Jahren dafür bekannt sind, dass sie in Geldwäsche-Transaktionen für Verbrecherorganisationen verwickelt sind. Sowohl Marsalek als auch Haub leben – die Indizien dafür sind erdrückend – heute in Russland unter strikter Abschirmung. Von Haub existiert allerdings inzwischen ein Foto, von einer Kamera mit biometrischer Gesichtserkennung im öffentlichen Raum in Moskau aufgenommen.
Es ist schwierig, alles aufzuschreiben und zu veröffentlichen, was aus ernshaftten Quellen und Recherchen inzwischen über den deutsch-russischen Business-Komplx bekannt ist. Weil es eine haarige Angelegenheit ist, und weil – das liegt in der Natur der Sache – viele Dinge bekannt, aber für unsereins nicht gerichtsfest beweisbar sind.
Aber ich bin überzeugt, dass es Schnittmengen zwischen diesen beiden Personen und den genannten Unternehmen gibt. Wussten Sie eigentlich, dass in den Staaten der Europäischen Union (EU) heute rund 31.000 Unternehmen russische Beteiligungen haben?
Mit besorgten Grüßen,
Ihr Klaus Kelle