von TODD HUIZINGA
WASHINGTON DC – Die Wahl, die Amtszeit und dann die Abwahl von Donald trump haben auch viele Deutsche fasziniert. Und nun die Frage: Wer kommt jetzt? Sollte sich – was durchaus möglich ist – Trump irgendwann aus der Politik zurückziehen, denn gibt es eine Frau bei den Republikanern, die beste Chance hätte: Nikki Haley (49), Gouverneurin von South Carolina von 2011 bis 2017 und Trumps UN-Botschafterin von 2017 bis 2018.
Nikki Haley ist die Verkörperung des amerikanischen Traums. Nimrata Nikki Randhawa wurde 1972 als Tochter von Immigranten aus Indien geboren, Anhängern der Sikh-Religion. Haley ist in Bamberg geboren, ab nicht der Stadt in Oberfranken, sondern einem Dorf mit 2.500 Einwohnern in South Carolina, wo ihr Vater an einem kleinen College unterrichtete. Mit zwölf Jahren begann sie, in der Buchhaltung des Bekleidungsgeschäfts ihrer Mutter zu helfen. Nikki Haley vergaß in ihrer ganze Karriere niemals diese kleinbürgerlichen Anfänge. In ihrer Wahlkampagne zur Gouverneurin begann sie jede Rede mit der Feststellung „Ich bin die stolze Tochter von indischen Eltern, die uns jeden Tag daran erinnert haben, wie gesegnet wir sind, dass wir in diesem Lande leben.“
Nikki Haley besitzt den notwendigen Ehrgeiz, Präsidentin der Vereinigten Staaten zu werden. Politische Gegner behaupten, sie sei bereit alles zu tun, um ihre Karriere voranzubringen. Doch das stimmt nicht. Im Kern ist sie bis heute immer eine bodenständige Konservative geblieben. Pro Life und konsequent christlich. Als UN-Botschafterin erwies sie sich zudem als eine geschickte Pragmatikerin, die für eine prinzipientreue US-Außenpolitik der Stärke stand.
In der republikanischen Kampagne zur Präsidentschaftwahl 2016 unterstützte Hailey zu Beginn Jeb Bush, damals Gouverneur von Florida und Bruder George W. Bush. Als Jeb Bush ausfiel, wechselte sie ins Lager von Marco Rubio, später zu Ted Cruz. Als sich die republikaner bei den Viorwahlen für Donald trump entschieden, stand sie – ganz Parteisoldatin – bereit, auch ihn zu unterstützen.
Als UN-Botschafterin für einen so umstrittenen Präsidenten schaffte sie eine Gratwanderung, strategische Distanz, gepaart mit Nähe. So hält sie das auch heute. Nach dem skandalösen Sturm aufs Capitol im Februar und Trumnps Aufruf an seine Wähler, die Niederlage nicht zu akzeptieren, konstatierte Hailey: „Zum allergrößten Teil hat Trump eine hervorragende Politik betrieben, die Amerika stärker, sicherer und wohlhabender gemacht hat. Viele seiner Handlungen seit der Wahl waren aber falsch und werden von der Geschichte streng beurteilt werden.“
Die New York Times, eine Zeitung, die vier Jahre lang fast ununterbrochen gegen Trump wetterte, bewertete Haleys Verdienste in den Trump-Jahren ungewöhnlich positiv:
„[Nikki Haley] hat es wie kaum eine[n] andere[n] Amtsträger unter Trump geschafft, ihre Amtszeit mit unversehrter Würde abzuschließen“.
Das liegt vielleicht daran, dass sie das politische Geschick aus ihrer Zeit in South Carolina auch in der globalen Arena zur Geltung zu bringen wusste. Die einzige außenpolitische erfahrung, die sie zuvor hatte, war das „Verhandeln von Steuervergünstigungen für deutsche Fahrzeughersteller“. BMW and Mercedes-Benz, mit ihren Fabriken in Spartanburg (BMW) und Ladson (Mercedes-Benz) sind nämlich ganz wichtige Arbeitgeber in South Carolina.
Trotz ihres Mangels an internationaler Erfahrung konnte Haley in den Vereinten Nationen aufsehenerregende Erfolge verbuchen. Sie hat Russland und China überzeugt, im Sicherheitsrat zusammen mit den USA die bisher strengsten Sanktionen gegen Nordkorea. Sie hat gegen weltweiten Druck die Trump-Administration dazu bewegt, den zumeist verlogenen sowie antisemitischen UN-Menschenrechtsrat zu verlassen, sowie die amerikanische Finanzierung des schon lange in Korruption versunkenen Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) zu kappen. Sie hat Israel, Zielscheibe vieler Feinde in der UN, vehement verteidigt und die Unterstützung des Iran für Terrorgruppen sowie das andauernde Kernwaffenprogramm offen benannt. Innerhalb der Trump-Administration hat sie eine zentrale Rolle gespielt, dass die USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen sind.
Der womöglich vielsagendste politische Verdienst Nikki Haleys wird getragen von Symbolik. Im Jar 2015 erschoss ein
junger weißer Mann, Dylann Roof, neun Afroamerikaner in einem brutalen Amoklauf. Er betrat einea afroamerikanischen Kirche in Charleston (South Carolina) während einer Bibelstunde, und wurde von den Teilnehmern willkommen geheißen. Nach einiger Zeit stand er auf, kündigte an, dass er gekommen sei, „um Schwarze zu töten,“ und eröffnete das Feuer. Roof hatte ein rassistisches Manifest auf einer Webseite gepostet und posierte in Fotos mit einer Kriegsflagge der Südstaaten aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865), des Krieges, in dem bis heute mehr Amerikaner gefallen sind als in allen anderen Kriegen, in denen amerikanische Soldaten gekämpft haben.
In den Südstaaten war die Südstaatenfahne seit jeher ein höchst umstrittenes Symbol , das an die bewegteste Zeit der amerikanischen Geschichte erinnerte. Für die einen war sie ein Symbol von Rassismus und Sklaverei. Für die anderen war sie ein wichtiger Bestandteil der südstaatlichen Kulturerbes. In South Carolina wurde deshalb seit mehr als 50 Jahren auf dem Gelände des Landeskapitols diese Fahne gehisst, mitsamt den Fahnen der USA und des Bundesstaates, doch den anderen zwei Fahnen untergeordnet.Nach dem Amoklauf von Charleston, entschloss sich Haley, diese von vielen Bürgern geliebte Tradition zu beenden und die Fahne vom Capitol zu entfernen. Und sie setzte es gegen viel Widerstand durch, sinnbildlich die endgültige Überwindung einer dunklen Ära in der Geschichte South Carolinas.
Heute in der Nach-Trump-Ära, die angebrochen ist, gehört Nikki Haley zu den schillerndsten Persönlichkeiten der GOP. Ob sie 2024 kandidieren wird, ist noch völlig offen. Auf jeden Fall gehört sie schon jetzt in die erste Reihe der möglichen Kandidaten für die Zukunft: eine Frau nicht-europäischer Abstammung, eine glaubhafte Konservative, die über die Fähigkeit verfügt, die Pro- und Anti-Trump Flügel der Partei hinter sich zu vereinigen. Sie ist geeignet, eine moderne und offene Republikanische Partei zu repräsentieren, aber gleichzeitig ihren altehrwürdigen Prinzipien treu bleibt. Sie würde sicher nicht nur republikanisches Stammpublikum ansprechen sondern auch viele Parteilose, Frauen und Minderheiten, die aus Gewohnheit mehr als aus Überzeugung sonst wohl eher die Demokraten wählen.
Todd Huizinga ist Senior Fellow für Europa für das Religious Freedom Institute. Er ist Autor von „Was Europa von Trump lernen kann“ (Berlin: Vergangenheitsverlag, 2017).
Bildquelle:
- Nikki_Haley_5: Times of Israel