«Wir haben die Mehrheit nicht» – Landtagsauflösung in Thüringen droht zu scheitern

Tage vor der geplanten Landtagsauflösung wächst die Unsicherheit, ob die Zweidrittelmehrheit steht. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

ERFURT – Die Zitterpartie um die geplanten Auflösung des Thüringer Landtags könnte heute beendet werden. Linke und Grüne haben ihre Fraktionen kurzfristig zu Sondersitzungen zusammengerufen.

Erneut soll es um die Frage gehen, ob die von der Verfassung geforderte Zweidrittelmehrheit für die am Montag geplante Abstimmung steht – oder ob das Risiko, dass AfD-Stimmen den Ausschlag geben könnten, zu groß ist.

Ob bereits heute eine Entscheidung fällt, den Antrag auf Landtagsauflösung zurückzuziehen oder daran festzuhalten, sei offen, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Steffen Dittes.

60 Stimmen nötig

Seit Wochen herrscht in Thüringen Unsicherheit, ob die nötigen 60 Stimmen für den Auflösungsantrag von Linke, SPD, Grüne und CDU zusammenkommen. Der Grund: Vier CDU-Abgeordnete wollen ausscheren und zwei von der Linken, die der CDU Vertragsbruch vorwerfen. Eigentlich hätten die vier Fraktionen zusammen 63 Stimmen. Derzeit sollen aber nur 57 sicher sein, obwohl eine Abgeordnete der FDP-Fraktion mitstimmen will.

Grund sei, dass eine Abgeordnete wegen eines folgenschweren Unfalls nicht zur Abstimmung kommen könne. «Wir haben die Mehrheit nicht», sagte eine Koalitionärin. Groß sei die Sorge, dass die AfD das Parlament vorführe – wie schon bei der Wahl von Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) im Februar 2020.

Vorgezogene Landtagswahl

Angesichts dieser Lage könnte es sein, dass der Weg für eine vorgezogene Landtagswahl am 26. September parallel zur Bundestagswahl zunächst verschlossen bleibt. Seit März 2020 ist die rot-rot-grüne Minderheitskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bei Entscheidungen auf Unterstützung der CDU angewiesen – doch der gemeinsame Stabilitätspakt war befristet.

Es gehe in der Fraktionssitzung der Linken auch um eine Bewertung der FDP-Ankündigung, dass sich vier ihrer fünf Abgeordneten am Montag enthalten wollten, sagte Dittes. Während es aus seiner Fraktion und der der Grünen Signale gibt, die Abstimmung wegen ihres ungewissen Ausgangs abzusagen, will die SPD bisher daran festhalten. Ihr Fraktionschef Matthias Hey hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass die Sozialdemokraten die Auflösung des Landtags wollen, damit das Parlament wieder handlungsfähiger wird. «Unsere acht Stimmen stehen.»

Eigentlich sollte die finale Entscheidung, in die Abstimmung zu gehen oder nicht, erst am Sonntag fallen. Zudem gab es Überlegungen, eine Art Sicherheitslinie am Montag durch Aussetzen der Geschäftsordnung einzuziehen: Abgestimmt werden sollte in zwei Etappen – um zu testen, wie sich FDP und AfD verhalten.

Der Antrag auf Landtagsauflösung, den 30 Abgeordnete Ende Juni stellten, würde laut Landtagsverwaltung bereits als zurückgezogen gelten, wenn nur ein Beteiligter seine Unterschrift für nichtig erklären würde.

Bildquelle:

  • Thüringer Landtag: dpa

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