Weltweit werden 340 Millionen Christen verfolgt: Schauen Sie mal, in welchen Ländern!

von PROF. DR PATRICK PETERS

Vor einigen Wochen ist wieder der Weltverfolgungsindex von Open Doors erschienen (https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex). Das ist ein internationales überkonfessionelles christliches Hilfswerk, das sich in über 60 Ländern der Welt für Christen einsetzt, die aufgrund ihres Glaubens diskriminiert oder verfolgt werden. Die Ergebnisse der Rangliste der 50 Länder, in denen Christen der stärksten Verfolgung und Diskriminierung wegen ihres Glaubens ausgesetzt sind, sind einmal mehr erschreckend: Weltweit sind nach Angaben von Open Doors mehr als 340 Millionen Christen einem hohen bis extremen Maß an Verfolgung ausgesetzt. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie hätten die Verfolgung und Diskriminierung noch verstärkt. In mehreren Ländern seien Christen als Verantwortliche der Pandemie diffamiert und bei der Versorgung mit Hilfsgütern übergangen worden. Im Übrigen gehören noch 24 weitere Länder mit einem hohen bis sehr hohen Maß an Verfolgung auf den Index, sodass sich die Zahl der christenfeindlichen Staaten laut Open Doors auf 74 beläuft.

Auf den ersten Plätzen dieser Rangliste des Schreckens liegen Staaten, in denen generell politisch, wirtschaftlich und sozial einiges im Argen liegt. Nordkorea und Afghanistan führen mit 94 von 100 möglichen Punkten den Weltverfolgungsindex an, dicht gefolgt von Staaten wie Somalia, Libyen, Pakistan, Eritrea und Jemen, in denen staatliche Strukturen weitgehend nicht intakt sind und in denen ein muslimischer Fundamentalist vorherrscht. Bei Open Doors heißt es deutlich: „Islamistische Gewalt macht Subsahara-Afrika zur tödlichsten Region für Christen.“

Diese Rangliste mag jetzt viele Menschen gar nicht überraschend sein; gemessen an den Nachrichten passt die Christenverfolgung in diese Länder, die oftmals von Kriegen und Katastrophen völlig zerrissen sind und in denen auch die Mehrheitsbevölkerung in äußerst prekären und lebensgefährlichen Verhältnissen lebt. Man darf aber mit Blick in die Auswertung nicht die Augen verschließen vor Ländern, die gerade in den Industrieländern als wichtige oder wichtiger werdende Handelspartner wahrgenommen werden. Denn nur weil Volkswirtschaften Potenzial für Handel und Investitionen bieten, bedeutet das keinesfalls, dass alles eitel Sonnenschein ist.

Nehmen wir die beiden größten Länder der Welt und die Stars der sogenannten „Emerging Markets“, also China und Indien. Indien belegt im Weltverfolgungsindex von Open Doors einen wenig schmeichelhaften zehnten Platz, China, die kommende Weltwirtschaftsmacht, immer noch Platz 17. Dazu heißt es: „In Indien greifen gewalttätige hindu-nationalistische Mobs Christen an und setzen die von der Regierung verbreitete Ideologie ‚jeder Inder muss ein Hindu sein‘ durch. Tausenden Krankenhäusern, Schulen und kirchlichen Organisationen, die von Christen geführt werden, wurde die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland verboten.“ Und China verstärke, auch mittels Gesichtserkennungssoftware, die Überwachung der Online- und Offline-Aktivitäten christlicher Gemeinden. Christen in mehreren Provinzen drohe die Streichung von Sozialleistungen wie Renten, wenn sie christliche Bilder und Kreuze in ihren Wohnungen nicht durch Bilder von Präsident Xi Jinping ersetzten.

Mahnungen bezüglich Einhaltung der Menschenrechte verhallen in solchen Staaten ungehört. Und wenn es einen öffentlichen Aufschrei gibt, geht dieser oftmals an der Lage der Christen vorbei. China beispielsweise wird derzeit für seinen Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren völlig zurecht kritisiert. Dass beispielsweise Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren laut Open Doors die Teilnahme an christlichen Veranstaltungen verboten ist und Christen in den Untergrund gezwungen werden, spielt hingegen keine nennenswerte Rolle bei den Bemühungen, die Menschenrechte einzufordern.

Gerne ignoriert wird zum Beispiel auch, dass die Türkei (Platz 25) weiterhin die Rechte religiöser Minderheiten mit Füßen tritt, und ein wichtiger werdender afrikanischer Handelspartner wie Nigeria liegt auf Platz 9 des unrühmlichen Index. Auch in weiteren asiatischen Staaten mit großem wirtschaftlichem Potenzial wie Vietnam ist die Lage der Christen schlecht.

Bitte: Es geht nicht darum, Minderheitenrechte gegeneinander auszuspielen. Gegen Unrecht und Unterdrückung muss jederzeit und überall vorgegangen werden, und sicherlich ist der Weltverfolgungsindex von Open Doors nicht der Weisheit letzter Schluss. Und natürlich kann es nicht von privaten Unternehmen verlangt werden, Wirtschaftsaktivitäten von Minderheitenlage in entsprechenden Ländern abhängig zu machen und daher gegebenenfalls Marktanteile und Renditeopportunitäten zu opfern. Aber es ist, gerade auch vor dem Hintergrund der auch von Konsumenten vielgeforderten ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit in der Wirtschaft, geboten, diesen Aspekt der Lage von Hunderten von Millionen Christen auf der ganzen Welt nicht einfach zu vergessen. Denn diese kommt in allen Diskussionen zu kurz: Ein bisschen mehr Hingucken schadet nicht.

Bildquelle:

  • Straflager_China: arte

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