Weihnachten im Faktencheck: Die Bibel und der christliche Glaube halten wissenschaftlichen Prüfungen stand

Eine Zeitenwende für die ganze Welt: die Geburt Jesus.

von MARTIN EBERTS

JERUSALEM – Alle Jahre wieder…

Viele Jahre lang hatten Print- und elektronische Medien vor Weihnachten regelmäßig eine „böse Überraschung“ für die Christen hierzulande bereit. Da wurden angebliche Erkenntnisse der Wissenschaft ausgebreitet, die belegen sollten, dass die Weihnachtsgeschichte erfunden und die Grundlage des Christentums nur ein Mythos sei. Statt Glaube, Liebe, Hoffnung also nur Kekse, Kitsch und Kommerz…

No reason for the season?

Das ist aber kein Grund für bloße Medienschelte, denn viele der überdrehten „Fakten-Checks“ konnten auf Publikationen von orientierungslosen Theologen und anderen „Experten“ aufbauen, die sich über Jahrzehnte einen Spaß daraus zu machen schienen, den Gläubigen den Glauben auszutreiben. Der öffentliche Entmythologisierungs-Furor hat inzwischen etwas nachgelassen, aber weniger aus Einsicht in den tatsächlichen Stand der historischen Forschung, die seit langem auf eindrucksvolle Weise die Berichte der Evangelien bestätigt, als vielmehr wegen der nonchalanten Annahme, das Christentum in Deutschland sei nun ohnehin bald „erledigt“. Gleichwohl feiern die Anti-Mythen immer und immer wieder „fröhliche Urständ“.

Tanz der Enthüller

Die Hitparade der „Enthüllungen“ wird gern angeführt von der Behauptung, Jesus sei gar nicht in Bethlehem geboren; auch habe die Volkszählung des Augustus nie stattgefunden, und der Kindermord des Herodes sei frei erfunden, weshalb es natürlich auch die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten nie gegeben habe. Das Hauptargument ist jeweils das Fehlen genügender außerbiblischer Quellen, die jene Ereignisse bestätigen. Ergo – so der messerscharfe Schluss der Exegeten – sei das alles nicht wahr. Sie gehen davon aus, die Bibel sei das Fabelbuch von christlichen Verschwörern, deshalb dürfe man der Bibel nicht trauen. Joseph Ratzinger nannte das eine „Hermeneutik des Verdachts“.

Fakten auf den Tisch!

Dabei ist kein anderes Werk der antiken Literatur mit soviel Akribie und kritischem Verstand geprüft und immer wieder zerlegt und untersucht worden wie die Bibel, ganz besonders das Neue Testament. Viele skeptisch-abwertende Annahmen und Theorien über die Entstehung seiner Schriften sind in den vergangenen Jahrzehnten widerlegt worden – von den gnostischen Einflüssen, über den Wert „echter“ Jesusworte bis zur extremen Spät-Datierung des Johannes-Evangeliums. Alles widerlegt. Das Johannesevangelium stammt nicht erst aus dem 3. Jahrhundert, gnostische Einflüsse kann es im Neuen Testament nicht geben, weil die Gnosis erst viel später aufblühte, und die Echtheit der Jesus-Worte bezweifelt auch kein seriöser Exeget mehr.

Das Argument mit den fehlenden außerbiblischen Quellen ist ungefähr so schlüssig wie die Behauptung, der Gallische Krieg habe nie stattgefunden, weil man außer Caesars gleichnamigem Werk kaum andere Quellen dazu kenne. Selten oder nie machen sich die Kritiker der biblischen Überlieferung übrigens die Mühe, dem geneigten Leser einmal zu erklären, wie denn all diese erfundenen Geschichten erfolgreich unter Volk gebracht werden konnten, obwohl es doch um Ereignisse ging, die sich zu deren eigener Lebenszeit ereignet hatten und die noch in aller Munde waren.

Wie Pilatus in das Credo kam

Der eigentliche Grund für die kaustische Verdachts-Hermeneutik, die im Zweifel immer gegen Schrift und Tradition votiert, liegt im Wesen des Christentums selbst begründet. Der christliche Glaube ist wesensmäßig historisch, gründet nicht auf mythischen Welterklärungen, nicht auf ätiologischen Sagen und Narrativen aus höheren Sphären, sondern auf Berichten über reales Geschehen in Raum und Zeit. Das ist nicht Beigabe, sondern zentrales Element des Glaubens. Wer hat sich nicht schon mal gefragt, was der Name eines heidnischen römischen Statthalters des 1. Jahrhundert im christlichen Glaubensbekenntnis macht? Unzählige Milliarden Mal nennen betende Christen den Namen jenes Römers, immer wenn sie das Credo beten. Der Grund ist einfach: Es geht eben darum, die historische Realität dessen zu betonen, was die Menschen glauben. Da geht es nicht um Sagen und Mythen, sondern um reales Geschehen.

Lukas – Chronist, nicht Prediger

Die Weihnachtsgeschichte wird vom Evangelisten Lukas überliefert, einem griechischen Arzt, der seine beiden Werke (das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte) einem hochmögenden Zeitgenossen namens Theophilos widmete, den er offensichtlich mit überprüfbaren Angaben zu überzeugen versuchte, dass es um wirkliche Begebenheiten geht. Lukas verstand sich also nicht als Prediger, sondern als streng prüfender, der historischen Wahrheit verpflichteter Chronist. Das belegen schon die Einleitungen zu beiden von ihm überlieferten Werken. Er bezieht sich ausdrücklich auf eigene Recherchen und auf Zeugen, die zur Zeit der Niederschrift seines Werkes noch hätten befragt werden können.

Relative Chronologie

Lukas verwendet eine relative, gleichwohl präzise Chronologie, wie sie seinerzeit üblich war, indem er die zu schildernden Ereignisse nach den Regierungszeiten bekannter Herrscher datiert. Jedem Leser seiner Zeit waren diese Herrscher und ihre Regierungszeiten bekannt und ihre Rolle präsent – und damit auch die „absolute“ Chronologie.

Wenn also Lukas schreibt, dass sich die Ereignisse, von denen er berichten will, im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius zutrugen, und dass damals Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war, und wer sonst noch in angrenzenden Gebieten herrschte, außerdem auch noch wer die maßgeblichen jüdischen Autoritäten in Jerusalem waren (Lk. 3, 1 f.), dann ist das implizit geradezu eine Aufforderung an seine Zeitgenossen, dies selbst zu überprüfen. Dieses Verfahren der Datierung sollte uns im Übrigen nicht allzu befremdlich erscheinen; es wird noch heute in manchen Ländern verwendet. So gibt es in Japan eine gebräuchliche Datierung nach der Amtszeit des jeweils amtierenden Tenno.

Worum es eigentlich geht

Die Versuche zur Diskreditierung der Weihnachtsgeschichte machen natürlich nicht bei den eher äußeren Details Halt. Vielmehr geht es – offen oder verdeckt – immer um den Kern des christlichen Glaubens, um die göttliche Natur Jesu Christi. Gelingt es, das Geschehen um seine Geburt zu „entmythologisieren“ bzw. ins Reich der Mythen und Legenden zu verbannen, dann ist man um so schneller mit dem Schluss bei der Hand, natürlich sei dieser Jesus auch nur ein gewöhnlicher jüdischer Wanderprediger, wie etliche andere, gewesen.

Den großen, zu früh verstorbenen, Theologen Klaus Berger hat das so geärgert, dass er darüber ein richtig zorniges, gleichwohl wissenschaftlich sauber recherchiertes Buch („Die Bibelfälscher“) geschrieben hat, dessen sprechender Untertitel lautet: „Wie wir um die Wahrheit betrogen werden“.

Nichts Neues unter der Sonne?

An all dem ist nichts überraschend. Schon sein irdisches Wirken weckte Widerstände gegen Jesus: seine Verwandten erklärten ihn für „verrückt“, ihm wurde Zersetzung vorgeworfen, und weil man ihn zu kennen glaubte („ist das nicht der Sohn des Zimmermanns?“), wollten sich die Leute von ihm nichts sagen lassen, nach dem Motto „was kann aus Nazareth schon Gutes kommen?“ Und schon die ersten Christen mussten gegen alle möglichen Irrlehren kämpfen, von denen manche heute auf fast unheimliche Weise wieder auftauchen, wenn auch in neuen Gewändern (der Arianismus zum Beispiel); alter Wein in neuen Schläuchen.

Die gute Nachricht

Es gibt aber doch etwas essentiell Neues, Niedagewesenes: Die Geburt jenes Jesus von Nazareth, genannt „der Christus“, war eine Zeitenwende wie keine vorher oder nachher. Daher ganz zu Recht auch unsere Zeitrechnung „nach Christi Geburt“. Und seine Geburt in prekären Verhältnissen, Not und Verfolgung markiert doch gerade den Ausweg aus allem Übel. Deshalb dürfen wir froh und erwartungsvoll Weihnachten feiern, egal wie viel Gewalt und teuflische Bosheit oder auch Fake News in der Welt ringsum uns die Stimmung zu verderben drohen.

In diesem Sinne: eine frohe und gesegnete Weihnachtszeit!

Bildquelle:

  • Krippe_Weihnachten_Jesu: depositphotos

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