Was Chrupalla über den Ukraine-Krieg sagt, glaubt nicht einmal Putin selber

Guten Morgen, liebe Leserrinnen und Leser!

Die AfD beklagt sich regelmäßig, dass niemand mit ihr spielen will. Und oft sind die Klagen berechtigt, wenn Sie zum Beispiel an den Ausschluss von AfD-Politikern an ihr zustehenden politischen Mitwirkungsrechten denken. Ich wiederhole mich, aber dass die AfD als große Fraktion keinen Sitz im Präsidium des Deutschen Bundestages bekommt, dass der AfD die ihr zustehenden Vorsitze in Fachausschüssen des Parlaments verweigert werden, und dass die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung kein Geld für ihre Bildungsarbeit aus dem staatlichen Fördertopf bekommt, aus denen sogar die SED-Nachfolger, reichlich bedacht werden, ist ein politische Skandal und einer freiheitlichen Demokratie unwürdig.

Ich habe das in vielen Beiträgen und Diskussionen immer wieder deutlich kritisiert.

Aber das ständige „Gejammer“, wie der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor das jüngst mal im Hohen Hause bezeichnete, kann ich langsam auch nicht mehr hören.

Denn zu einem informellen Austausch oder gar Kooperationen kann man nur kommen, wenn die Beteiligten auch die Voraussetzungen dafür schaffen. Und, anders als die meisten erfolgreichen Rechtsparteien in Europa, tut die AfD nichts dafür, Gesprächspartner zu finden bei Regierung und Parlamentariern der anderen Parteien. Sie ziehen sich in die Schmollecke zurück und zetern, beschimpfen die CDU und insbesondere den sogenannten „BlackRocker“ Friedrich Merz unflätig mit blauen Internet-Kacheln, wundern sich aber dann, dass Friedrich Merz nicht die geringste Lust hat, sich mit diesen Leuten auch nur zum Kaffee zu treffen.

Jenseits vom Stil und mangelnder Kinderstube…

Die Haltung offenbar der Führung der AfD zur ums Überleben kämpfenden Ukraine ist einfach nur noch ekelhaft.

Wenn Kanzlerkandidatin Alice Weidel unter tosendem Jubel ihrer Fans ins Mikro trompetet: „Wir wollen die Ukraine nicht in der EU haben!“, dann ist das erlaubt, aber es stößt einfach nur jeden ab, der weiß, dass 70 Prozent der Wirtschaftskraft und Bodenschätze der Ukraine genau im Osten des Landes, im russisch okkupierten Donbass liegen – also dem Gebiet, von dem viele AfD-Politiker sagen, man solle es doch endlich an Putin abtreten, damit wieder Frieden einkehre. Und dann noch Selenskyj aus dem Amt jagen, keine EU- und NATO-Mitgliedschaft, 40 Millionen Ukrainer als Protektorat eingepfercht.

Und, na klar, dann noch die Amerikaner raus aus Europa!

So geschichtsvergessen und doof das ist, die These des Putin-Vordenkers Alexander Dugin, der den westlichen Liberalismus zerstören will und von einem russisch dominierten Wirtschaftsraum Eurasien schwafelt, ist in ostdeutschen AfD-Milieus populär. Wenn man 28 Jahre vorgekaut bekommt, dass die Amerikaner der Feind sind, dann steckt das in vielen Köpfen noch drin.

Und deshalb muss man das ernstnehmen, was AfD-Co-Sprecher Tino Chrupalla gerade gegenüber der „Welt“ sagte. Europa sei „gezwungen, die Interessen Amerikas umzusetzen, das lehnen wir ab“. Und man müsse überlegen, „inwieweit dieses Bündnis für uns noch nutzbringend ist“, also die NATO, die seit Jahrzehnten Deutschland und Europa Frieden und Sicherheit garantiert hat. Chrupalla setzte sogar noch einen drauf und forderte, endlich mal anzuerkennen, dass Russland den Krieg in der Ukraine gewonnen habe, was nicht einmal Putin selber glaubt.

Ich weiß, dass viele AfD-Politiker anders denken, aber sie sind nicht die Mehrheit. Zumindest sind sie nicht die Wortführer ihrer Partei bei diesem Thema.

Und wer EU und NATO in Frage stellt, der stellt letztlich auch Deutschlands Freiheit und Sicherheit in Frage. Und so eine Partei muss sich nicht wundern, dass niemand etwas mit ihr zu tun haben will.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.