Liebe Leseinnen, liebe Leser,
haben Sie den Film „Black Hawk down“ gesehen? Ein spannender, actionreicher und bewegender Hollywoodfilm, wie nahezu alle Filme, die auf wahren Begebenheiten beruhen. Kurz zusammengefasst: Am 3. Oktober 1993 wird bei einem Routineeinsatz im somalischen Bürgerkrieg ein amerikanischer Kampfhubschrauber über Mogadischu von einer Panzerabwehrgranate getroffen und stürzt ab. Der Film erzählt die wahre Geschichte von der siebenköpfigen Besatzung, die inmitten eine feindlichen Umgebung von einer wachsenden Menge bewaffneter Milizionäre um ihr Leben kämpfen muss. Beim Versuch zu helfen, stürzt ein zweiter Helikopter ab und ein Rettungskonvoi hat größte Mühe, sich zur Absturzstelle durchzukämpfen. Es wird viel geschossen und viel gestorben in diesem Film, der packend bis zum Ende ist und – ich wiederhole mich – auf einer wahren Geschichte beruht.
In Amerika gibt es viele Filme, Bücher, sogar Broadway-Musicals, die sich mit den Helden des eigenen Landes beschäftigen. Die Amis lieben Helden, Superman, ja auch, aber noch mehr die aus dem wirklich Leben. Nach dem Balkankrieg drehten sie einen Film über die wahre Geschichte eines abgeschossenen Piloten, der sich eine Woche in den Wäldern versteckte, bis ein Sealteam ihn ortete und sicher nach Hause brachte. Niemanden zurücklassen, das meinen die ernst. Auch die Geschichte über die Jagd auf Massenmörder Osama bin Laden wurden eindrucksvoll verfilmt gleich mit mehreren Hollywoodthrillern wie „Zero Dark Thirty“, sehr empfehlenswert übrigens. Ich habe ihn bestimmt fünf Mal gesehen.
Wir Deutschen ignorieren unsere Helden, manchmal hassen wir sie sogar, für das, was sie besser können als wir selbst. Menschen, die etwas Besonderes geleistet haben, mit dem sie sich über uns Normalsterbliche erheben. Wir sollten uns verbeugen vor denen, die so sind, Vorbilder, positive Beispiele. Aber wir können es nicht. Wir neiden dem Nachbarn das größere Auto oder das fettere Bankonto. Es ist uns nicht Ansporn, selbst besser zu werden, sondern wir ziehen es in den Dreck, wenn andere erfolgreicher sind als wir selbst. Wir wollen nichts leisten, sondern wir wollen nivellieren. Hauptsache alle gleich. Begabtenförderung – nein, lieber nach unten nivelieren. Leistungen fordern – nein, lieber Quoten einführen. Und wenn einer dann auch nochmal etwas Großartiges vollbringt, nicht um des schnöden Mamonas willen, sondern um seiner oder ihrer Überzeugungen willen, dann wenden wir uns angeekelt ab.
So wie letztens, der von russischen Agenten vergiftete Alejey Nawalny, der zurück in seine Heimat flog, was hierzulande vorwiegend zu der Reaktion führte, ihn für blöde zu halten, weil er für seine Mission etwas riskiert. Er hätte doch auch in einem Gästehaus der Bundesregierung bleiben, da ist es schön warm, und Interviews geben können. Oder denken Sie an die vielen Helden im Widerstand gegen die Nazis oder anderswo gegen diktatorische Regime wie den Kommunismus, wo immer wieder Menschen ihr Leben riskiert haben, um eines höheren Zieles willen, um andere Unbekannte zu retten. Die Geschwister Scholl waren solche Menschen und Dietrich Bonhoeffer und viele andere. Wenigstens diese genannten, auch Graf Stauffenberg, werden gewürdigt, weil es für das Establissement die gute, die richtige Sache war. Aber wer veranstaltet heute Gedenveranstaltungen für Pfarrer Oskar Brüsewitz, den evangelischen Pastor aus Halle, der sich 1976 in Zeitz öffentlich selbst verbrannte als Anklage gegen das sozialistische SED-Unrechtssystem? Wo ist da der Festakt mit Frau Bundeskanzlerin? Und wann läuft an den Feiertagen mal wieder der Film „Mit dem Wind nach Westen“ oder „Die wunderbaren Jahre“ nach dem wunderbaren gleichnamigen Roman von Reiner Kunze? Nichts passiert. Dieses Land will keine Helden, und wenn es gerade gelegen kommt, dann nutzt man eben solche Geschichten, aber immer nur für die richtige Sache.
Helden unerwünscht von unseren Regierenden, außer es geht um einen syrischen Asylbewerber, der ein Portemonnaie mit 500 Euro gefunden und brav abgegeben hat – dann steht der BILD-Reporter vor der Haustür. Aber bloß keine Helden des Alltags, die der Oma von nebenan den Rasen mähen, oder die werdende junge Mutter, deren Freund stiften gegangen ist und deren familiäres Umfeld auf Abtreibung drängt. Und die sich dann ntscheidet, das wachsende Kind in ihrem Bauch dennoch zu bekommen. Da ruft keine Kanzlerin an, da gibt es keine Einladung ins Fernsehstudio zur peinlichen Palaverrunde von Anne Will. Polizisten, die im Dienst verletzt wurden, schaut da der Wahlkreisabgeordnete mit einem Blumenstrauß vorbei?
Und jetzt der Jahrestag des Todes dreier junger Männer, die die Uniform unseres Staates getragen haben, und die man an den Hindukusch geschickt hat, weil da einem früheren Verteidigungsminister zufolge, angeblich unsere Freiheit verteidigt wird. Ich denke, das kann man sogar mit einiger Berechtigung so sehen, denn 9/11 ist kein amerikanisches Problem, die Angriffe auf Paris, London und Brüssel sind kein französisches, britisches und belgisches Problem. Der aggressive Islamismus ist unser aller Problem in den freien und offenen Gesellschaften des Westens. Und wenn ich an die Terroranschläge auch auf die Moskauer Metro 2010 durch tschetschenische Islamisten denke, diese Angriffe gegen jeden Staat und seine Bürger sind immer unser aller Problem, und wenn diese Welt halbwegs bei Verstand wäre, würden wir alle zivilisierten Gesellschaften der Welt, das Problöem gemeinsam lösen.
Bundeswehrsoldaten, oft Familienväter oder Mütter, die, wenn das Telefon klingelt, ihren olivgrünen Rucksack schnappen und da hingehen, wo die von uns gewählten Volksvertretern hingeschickt werden. irgendwo zu einem der lost places, der shithole-countrys dieser Welt, um für uns dort die Drecksarbeit zu machen, die Kohlen aus dem Feuer zu holen.
So wie all die jungen Männer und Frauen, unsere Kinder, die jetzt irgendwo in einer Wüste im Irak, einem Zeltlager in Mali oder auf Wache auf dem Hügel 431 südlich von Kundus liegen mit Stahlhelm auf dem Kopf und einem G 27 schussbereit in den Händen. Und die nichts lieber wollen, als nach Hause zu kommen, zu ihren Lieben, ihrer Familie und ihren Freunden. Und die ihre Pflicht getan haben. Für unser Land, für uns. Wir schulden diesen Menschen etwas, mehr als eine Auslandszulage oder eine halbwegs funktionierende Ausrüstung. Wir sind ihnen zu Dank verpflichtet.
Und wir verneigen uns heute vor Hauptfeldwebel Nils Bruns (35), Stabsgefreiten Robert Hartert (25) und Hauptgefreiter Martin Augustyniak (28), die genau heute vor elf Jahren ihr Leben verloren haben. Im Dienst für uns alle und für unser Land.
Genießen Sie die Ostertage, aber denken Sie auch einen Moment daran, wie stolz wir sein dürfen, dass es junge Leute gibt, die das Risiko dieses gefährlichen Dienstes auf sich nehmen und ihren Familien aufbürden.!
Ihr Klaus Kelle