BERLIN – Vor dem Hintergrund der Personalquerelen im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck schreibt der Aufsichtsrat der Deutschen Energie-Agentur (Dena) den Chefposten des Bundes-Unternehmens neu aus. Dies beschloss das Aufsichtsgremium am Freitag einvernehmlich, wie die Energie-Agentur in Berlin mitteilte.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der von der CDU zum Eingreifen aufgefordert wurde, setzt auf Habeck. «Er hat gesagt, dass Entscheidungen, die falsch gelaufen sind und kritisierbar sind, korrigiert werden müssen. Das ist passiert», sagte er auf seiner Afrika-Reise im kenianischen Nairobi. «Und ich gehe davon aus, dass auch alles andere entsprechend der Regeln, die wir haben, erfolgen wird.» Habeck (Grüne) wiederum hält an seinem umstrittenen Staatssekretär Patrick Graichen weiter fest.
Findungskommision soll breiter aufgestellt werden
Anlass der Neuausschreibung ist, dass der eigentlich vorgesehene neue Geschäftsführer Michael Schäfer Trauzeuge von Staatssekretär Patrick Graichen ist. Graichen aber saß in einer Findungskommission, die Schäfer für den Posten vorgeschlagen hatte. Schäfer dürfte nun nicht mehr Dena-Chef werden. Er sollte sein Amt eigentlich am 15. Juni antreten.
Die Findungskommission solle nun breiter aufgestellt werden, teilte die Dena weiter mit. Es solle fortlaufend sichergestellt werden, dass bei ihren Mitgliedern keine tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikte jedweder Art bestünden.
Habeck hält an Graichen fest
Die privaten Verbindungen Graichens zu Schäfer hatten zuletzt große Wellen geschlagen. Union und Linke forderten Graichens Rücktritt als Staatssekretär, CDU-Generalsekretär Mario Czaja stellte gar die Integrität von Minister Habeck wegen dessen Personalpolitik infrage. Politiker des Koalitionspartners FDP und aus der Opposition appellierten an Habeck, für Aufklärung bei Personalien in seinem Verantwortungsbereich zu sorgen. Graichen und Habeck sprachen von einem Fehler, Habeck stellte sich aber hinter seinen Staatssekretär.
Auf die Frage, ob Graichen sicher sein könne, dass er seinen Posten behalte, antwortete eine Sprecherin des Ministeriums in Berlin: «Minister Habeck hat sich in der vergangenen Woche ja klar dazu geäußert, und das gilt.»
Weitere persönliche Verflechtungen
Neben Graichens Beteiligung an der Besetzung des Dena-Postens waren auch weitere persönliche Verflechtungen im Wirtschaftsministerium in die Kritik geraten. Zwei hochrangige Mitarbeiter Habecks haben familiäre Bindungen zum Öko-Institut, einer Forschungseinrichtung, die Aufträge vom Bund erhält. Die Schwester von Staatssekretär Graichen, Verena Graichen, arbeitet bei der Naturschutzorganisation BUND und, wie ein weiterer Bruder, beim Öko-Institut. Verena Graichen ist wiederum verheiratet mit dem parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner (Grüne).
Das Ministerium hatte bereits im April mitgeteilt, Graichen werde bei Vergabeverfahren nicht beteiligt, auf die sich der BUND und das Öko-Institut bewerben könnten, oder auch die Denkfabrik Agora Energiewende, die Graichen bis zum Wechsel ins Ministerium leitete.
Eine Sprecherin sagte, das Ministerium habe am Donnerstagabend Listen veröffentlicht, die Aufträge und Zuwendungen an das Öko-Institut beträfen. Die meisten der Projekte existierten ihren Angaben zufolge bereits vor der Ampel-Regierung. Entsprechende Listen zu Agora und dem BUND werde man bald ebenfalls veröffentlichen.
Habeck sagte, Fehler zuzugeben und zu heilen heiße auch: An anderer Stelle, wo keine Fehler passiert seien, müsse die Kraft zur Differenzierung aufgebracht werden. Die «Leute», die die Energiepolitik im letzten Jahr gesichert hätten und die den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantrieben, sollten vor «falschen Unterstellungen» geschützt werden
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- Robert Habeck: dpa