Trump zu Europa und Nato: Die Nervosität in Europas Hauptstädten wächst spürbar

Trump wird am 20. Januar US-Präsident. Foto: Sergei Ilnitsky

Washington/Berlin – Der Rundumschlag Donald Trumps zu seinen Plänen als US-Präsident wird in den europäischen Hauptstädten mit demonstrativer Gelassenheit aufgenommen. Tatsächlich ist die Nervosität überall zu spüren. Wenige Tage vor seiner Amtseinführung hatte sich Trump im Interview mit der BILD sehr kritisch zu Deutschland, der EU, zur Nato und auch der Autoindustrie geäußert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die EU-Staaten auf, sich von der harschen Kritik nicht beirren zu lassen. «Ich denke, wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand», sagte sie am Montag in Berlin. Zu Trumps Kritik an ihrer Flüchtlingspolitik sagte sie, der Kampf gegen den Terrorismus sei eine große Herausforderung für alle: «Ich würde das von der Frage der Flüchtlinge noch einmal deutlich trennen.»

Trump hatte gesagt: «Im Grunde genommen ist die Europäische Union ein Mittel zum Zweck für Deutschland.» Merkels Entscheidung, Flüchtlinge aufzunehmen, bezeichnete er als «katastrophalen Fehler» – auch mit Blick auf das Terrorrisiko.

Der EU sagte Trump ohne Bedauern weitere Austritte voraus. Der Zustand der EU sei ihm aber nicht sehr wichtig. «Schauen Sie, zum Teil wurde die Union gegründet, um die USA im Handel zu schlagen, nicht wahr? Also ist es mir ziemlich egal, ob sie getrennt oder vereint ist, für mich spielt es keine Rolle.» Die EU-Kommission erklärte dazu lediglich: «Wir haben das Interview mit Interesse gelesen.»

Die Nato nannte Trump im jetzigen Zustand obsolet. Das sei bei der Nato mit „Verwunderung und Aufregung“ aufgenommen worden, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach einem Gespräch mit Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. «Wir müssen sehen, was daraus für die amerikanische Politik folgt.»

Die Nato selbst versuchte, Trumps Äußerungen herunterzuspielen. Stoltenberg sei «absolut zuversichtlich», dass auch die neue US-Regierung zur Nato stehen werde, sagte seine Sprecherin in Brüssel.

Trump äußerte sich auch über die Sanktionen gegen Russland. Er stellte dies in einen Zusammenhang mit atomarer Abrüstung. «Zum einen finde ich, dass es deutlich weniger Nuklearwaffen geben sollte und sie erheblich reduziert werden müssten, das gehört dazu. Aber da sind diese Sanktionen, und Russland leidet im Moment schwer darunter. Aber ich glaube, da könnte manches gehen, von dem viele Leute profitieren würden.»

Der Kreml nahm das zurückhaltend auf. «Nun brauchen wir etwas Geduld, warten wir auf den Moment, in dem Herr Trump das Amt übernimmt, und sehen wir mal, welche Initiativen er umsetzt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Agentur Interfax zufolge in Moskau.

Der Nato-Kritik Trumps pflichtete der Kreml bei. Sie sei ein Relikt und konzentriere sich auf Konfrontation, alle Strukturen seien darauf ausgerichtet. «Sie kann sich wohl kaum eine moderne Organisation nennen, die Stabilität, nachhaltige Entwicklung und Sicherheit will», sagte Peskow.

Deutschen Autobauern kündigte Trump hohe Strafzölle an: «Sie können Autos für die USA bauen, aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen.» Dem Hersteller BMW, der 2019 eine Fabrik in Mexiko eröffnen will, legte Trump nahe, die Fabrik in den USA zu bauen.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte bei einer Talkrunde auf «bild.de»: «Ich kann nur raten, aufgrund solcher Positionen nicht hektisch zu werden, sondern abzuwarten, was passiert. Zu möglichen Strafzöllen sagte Gabriel: «Die amerikanische Autoindustrie wird dadurch schlechter, schwächer und teurer.»

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) nahm Trumps Androhung ernst. VDA-Präsident Matthias Wissmann sagte: «Allerdings muss sich erst noch zeigen, ob und wie diese Ankündigungen künftig von der US-Administration umgesetzt werden.»

Als weitere Priorität nannte Trump die Sicherung der Grenzen. Er sagte, die USA würden von seinem ersten Amtstag an auf sichere Grenzen setzen. «Die Leute wollen nicht, dass andere Leute in ihr Land kommen und es zerstören.» Es gehe um Muslime «aus verschiedenen Teilen der Welt, die viele Probleme mit Terrorismus haben».

Der britische Außenminister Boris Johnson begrüßte Trumps Äußerungen zu einem möglichen amerikanisch-britischen Handelspakt für die Zeit nach dem Brexit. «Ich denke, es sind sehr gute Nachrichten, dass die USA ein gutes Freihandelsabkommen mit uns abschließen wollen und dass sie es schnell machen wollen», sagte Johnson am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Es müsse jedoch ein Deal sein, der die Interessen beider Seiten berücksichtige.

Bildquelle:

  • Donald Trump: dpa

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