von MARTIN D. WIND
Sie werden staunen: Erleichterung machte sich in mir breit, als mich am 19. Oktober Klaus Kelle anrief. Ich stand in tiefer Dunkeltheit mitten in einer Fichtenschonung, als es mir mitteilte, dass er das Projekt TheGermanZ beenden werde. Klaus hat mit großem persönlichem Engagement eine digitale Tageszeitung aus dem Boden gestampft, er hat rund 11.000 Menschen jeden Tag eine Mischung von Nachrichten aus „Boulevard-Nebensächlichkeiten“, aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft sowie Kirche und seiner Leidenschaft, dem Fußball, serviert. Er hat mit uns Kolumnisten, Menschen mitten aus der Gesellschaft zu Wort kommen lassen, von denen die übergroße Mehrzahl nicht mit dem Schreiben ihr Geld verdient, sondern in anderen Berufen einer ehrlichen Arbeit nachgeht. Klaus hat Freizeit, Geld und Nerven gelassen, um einem breiten gesellschaftlichem Spektrum mit vitalem Interesse an einer demokratischen und streitbaren Gesellschaft, eine mediale Heimat zu liefern. So ein Einsatz ist mit viel Idealismus und mit viel Liebe zu Land und Leuten verbunden, ja mit echter Leidenschaft. Menschen, die ein solches Projekt vorantreiben, verlieren sich oft selbst aus den Augen.
Daher war ich erleichtert, dass Klaus die Reissleine gezogen hat. Denn viele werden sich erinnern, dass Klaus vor dem Start von TheGermanZ – um es zurückhaltend zu formulieren – nicht gerade sehr gesund war. Dennoch hat er Tag und Nacht gerackert. Viele seiner Freunde und Bekannten haben sich Sorgen um ihn und seine Familie gemacht, große Sorgen. Zumindest an dieser Stelle kann man nun aufatmen, so bedauerlich letztlich der Entschluss auch für uns „Mitstreiter“ und die Konsumenten dieser Tageszeitung sein mag.
Die Begründung für die Einstellung des Projektes lautet aber: „Es ist bisher wirtschaftlich nicht tragfähig“. Das ist nun der Aspekt dieser Entscheidung, der mich mit kalter Wut und großer Enttäuschung zurücklässt. Im besten Deutschland, das wir je gehabt haben sollen, war es uns nicht möglich, eine Tageszeitung zu etablieren, die den größeren, meistens schweigenden Teil der Bevölkerung, ansprechen sollte? Erneut ist im liberal-konservativen und toleranten Bürgertum ein Projekt gescheitert, das „andere Denkschulen“ wahrscheinlich „gewuppt“ hätten. Und wahrscheinlich hätten diese das nicht alleine machen müssen. In anderen Kreisen ist der selbstverständlich Rückgriff auf „Fördergelder“ und „Startbeihilfen“ selbstverständlich. Man ist gut vernetzt, hat Gesinnungsgenossen in Vergabestellen und Ministerien und nutzt das latente „Gutgetue“ der Steuergeldverwalter schamlos aus. In einer ersten Reaktion an Klaus habe ich das so formuliert
„… diese verfluchte Kampagenenunfähigkeit der Bürgerlich-Konservativen. Weshalb sitzen denn wir nicht linksgrünen Publizisten, Journalisten, Denker und Schreiber in unseren prekären Lebensverhältnissen und werden auch noch sarkastisch ob der vielen Schulterklopfer und guten Zusprüche? Wir brauchen auch Geld zum Leben! Es genügt nicht, sich als Bürgerlicher oder als Liberaler oder Konservativer darüber zu freuen, dass die eigene Meinung auch mal in Worte gefasst in die Welt geblasen wurde. Dafür muss man auch was tun/zahlen. Die Linken und Grünen haben das wirklich gut eingefädelt. Aber die sind eben nicht so gschamig, wenn’s um ein „parasitäres Dasein“ geht, das der „Steuerzahler“ finanziert oder die Gebührenzahler … oder die Bürgerlichen, Liberalen Konservativen, …“ die deren Illustrierten und Blätter noch immer kaufen, obwohl die Inhalte mit ihrem eigenen Leben kaum noch etwas zu tun hat.
Ja, ich hadere da mit meinem „Milieu“. Ich verstehe, dass unsere Klientel den lieben langen Tag damit beschäftigt ist, für die Familie ein eigenes Ein- und Auskommen zu erwirtschaften, zumeist durch wertschöpfende Arbeit. Da bleibt nicht viel Zeit für politisches Wolkenkuckucksheim-Philosophieren, für politische Betätigung, für’s Aufschreiben oder gar für das Organisieren großer Veranstaltungen (wo dies dennoch geschieht, kommt prompt die „Nazi“-Keule, wenn man sich beispielsweise für indoktrinationsfreie Schulen für die eigenen Kinder einfordert).
In meiner beruflichen Laufbahn war ich immer wieder erstaunt, mit welcher Zurückhaltung auch große Organisationen dem Engagement ihnen verbundener Mitmenschen begegnet sind. Da war die junge Frau, die einem Tendenzbetrieb den Aufbau eines den Werten dieses Betriebes verpflichteten Internetportals anbot – für wenig Geld, aber wohldurchdacht, breit aufgestellt und vielfältig, zukunftsfähig und ausbaubar. Ich habe dieses Portal mehrfach meinem Arbeitgeber als unterstützenswertes Projekt vorgelegt. Den Gremien war es wichtiger, dass die „Unternehmenszentrale“ und die vielen Filialen des Unternehmens „umweltzertifiziert“ wurden. Dafür wurde das Geld händeweise zum Fenster hinausgeworfen. Das wurde gar per Pressemitteilung verkündet. Für das Projekt, das dem Markenkern des Unternehmens weit näher stünde als diese lediglich publikumswirksame Öko-Chichi-Attitude, gab es nur abfällige Bemerkungen.
Und so gab und gibt es noch viele Beispiele, bei denen mehr auf die Außenwirkung“ geachtet wurde, als auf die Treue zum eigentlichen Selbstverständnis. Auch in diesem Unternehmen haben sich Ideologen eingeschlichen, die weit ab von der Lebensrealität der Menschen gut gemeinte Projekte finanzieren. Die eigentlichen Bewahrer des Markenkerns beklagen das zwar teilweise hinter vorgehaltener Hand, fürchten aber den Shitstorm, der heuchlerisch aufgesetzten, veröffentlichten „Moral“, sollten sie sich nicht fügen.
Eine gewisse Rückgratlosigkeit muss ich auch der Industrie attestieren. Sie sorgt mit ihren Werbeetats und mit ihren Inserate-Schaltungen dafür, dass Medien am Leben bleiben, die nichts anderes im Sinn haben, als wertschöpfende und arbeitsplatzschaffende Unternehmen in planwirtschaftlich verwaltete Wohlfahrtsinstitute umzugestalten. Da kommt ein mutiger bürgerlicher Medienunternehmer, steht für die Werte einer sozialen Marktwirtschaft ein, spricht für die Menschen, die wissen, was verantwortlicher Einsatz von Kapital bedeutet, aber diese wagen es kaum, ihn zu unterstützen. Immerhin war TheGermanZ ja auch bei der – unter anderem aus Steuern finanzierten – „Heinrich-Böll-Stiftung“ gelistet. Da muss man vorsichtig sein!
So brutal es ist: Wenn wir liberalen und toleranten sowie konservativen und bürgerlichen Bürger nicht aus den Puschen kommen, das Finanzierungswesen des linken Milieus nicht immer wieder grell beleuchten und die Förderung aus Steuergeldern, die Anzeigenschaltung seitens der öffentlichen Hand oder auch die Gebühren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anprangern, wenn es uns nicht gelingt, unsere Kräfte und Geld zu bündeln und eine qualitativ hochwertige, handwerklich saubere Gegenöffentlichkeit zu etablieren, werden wir weiterhin solche frustrierende Momente erleben. Dann müssen wir resigniert hinnehmen, dass die Natter, die wir am eigenen Busen nähren, der linke und grüne Geist, der in vielen Redaktionen bei vielen Journalisten vorherrscht, dass deren unbekümmerte Tendenzberichterstattung sich eben genau zu dem Meinungshegemon aufbläst, der in unserem Land den politisch offenen und demokratischen Diskurs ständig bedroht.
Klaus, wir haben es versucht. Bisher hat es nicht sollen sein. Stehen wir auf, rücken wir das Krönchen zurecht und begehen andere steile Pfade. Glück auf!
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