Kiew (dpa) – Das russische Militär in der Ukraine bereitet nach ukrainischen Angaben Offensiven auf mehrere Städte vor. Am 19. Tag der russischen Invasion waren zugleich weitere Verhandlungen in einem Online-Format geplant.
Krim-Vertreter: Krim und Donbass verbunden
Die von Russland annektierte Halbinsel Krim und der Donbass im Osten der Ukraine sollen nun durch einen Landkorridor verbunden sein. Das sagte der Vize-Ministerpräsident der Regierung der Krim, Georgi Muradow, der russischen staatlichen Agentur Ria Nowosti. «Die Autostraße von der Krim bis Mariupol wurde unter Kontrolle genommen», zitiert Ria Nowosti Muradow. Eine Bestätigung der Ukraine dafür gibt es nicht.
Muradow zufolge könne dies dabei helfen, Menschen in der Region Donezk mit humanitären Gütern zu versorgen. Gleichzeitig sollen erst am Sonntag russische Truppen laut Kiew einen Konvoi mit Hilfsgütern für die belagerte Hafenstadt Mariupol in der Region Donezk blockiert haben.
Beobachter gehen davon aus, dass eines der Ziele des Angriffskrieges Russlands in der Ukraine ein Landkorridor von den an Russland grenzenden Separatistengebieten im Osten der Ukraine mit der Halbinsel Krim ist.
Kiew erwartet Offensiven russischer Truppen
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs bereiten russische Truppen im Land mehrere Offensiven vor. Dafür versuchten die Einheiten, sich an bisher von ihnen eingenommenen Punkten festzusetzen, Nachschub zu sichern und sich neu zu gruppieren, hieß es in einem in der Nacht zu Montag auf Facebook veröffentlichten Bericht. Sobald dies geschehen sei, erwarte man neue Angriffe etwa auf die Städte Charkiw im Osten, Sumy im Nordosten oder auch den Kiewer Vorort Browari.
Im Gebiet Luhansk im Osten des Landes konzentriere sich Russland vor allem auf den Vormarsch in Richtung Sjewjerodonetsk. Moskau hatte am Sonntag mitgeteilt, dass Kämpfer der prorussischen Separatisten den östlichen und südlichen Teil der Stadt mit 100.000 Einwohnern blockiert hätten. Die Angaben waren nicht unabhängig zu überprüfen.
Zwei Tote bei Angriff auf Hochhaus in Kiew
Im Norden der ukrainischen Hauptstadt Kiew ist am Morgen bei einem Angriff auf ein Hochhaus ein Feuer ausgebrochen. Mindestens zwei Menschen seien getötet worden, berichtete das ukrainische Fernsehen.
Der staatliche Zivilschutz teilte zunächst mit, dass 63 Menschen evakuiert worden seien. Die Suche nach Opfern dauere an. Auf Fotos und Videos war zu sehen, wie Feuerwehrleute Bewohner mit Hilfe von Drehleitern retteten. Rauch stieg aus mehreren Etagen auf. Das Feuer sei mittlerweile gelöscht. Das Hochhaus soll von einem Artilleriegeschoss getroffen worden sein. Das ließ sich nicht überprüfen.
Selenskyj fordert erneut Flugverbotszone
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief den Westen erneut auf, den Luftraum über der Ukraine zu schließen. «Wenn Sie das nicht tun, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis russische Raketen auf Ihre Gebiete fallen», sagte er in einer Videoansprache. Die Nato lehnt eine Flugverbotszone ab, um nicht in einen direkten Konflikt mit Russland verwickelt zu werden.
Die Ukraine gehe durch die schwerste Bewährungsprobe ihrer Geschichte, sagte Selenskyj. Russische Raketen und Bomben hätten am Sonntag vom Westen bis zum Osten das Land getroffen. Beim Angriff auf einen Truppenübungsplatz an der Grenze zu Polen wurden 35 Menschen getötet und 134 verletzt. Selenskyj versuchte, den Bürgern Mut zuzusprechen. «Wir werden alle dunklen Tage überleben, weil wir zusammenhalten.»
Gesundheitsminister: Sieben Krankenhäuser zerstört
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs wurden in der Ukraine nach Angaben aus Kiew sieben Krankenhäuser irreparabel zerstört. Die Kliniken müssten nach russischem Beschuss ganz neu aufgebaut werden, sagte Gesundheitsminister Wiktor Ljaschko. Mehr als 100 weitere Gesundheitseinrichtungen seien beschädigt worden. Für besonderes Entsetzen hatte vor einigen Tagen ein russischer Angriff auf eine Geburtsklinik in der Hafenstadt Mariupol gesorgt.
Moskau behauptete, das Gebäude sei von ukrainischen Kämpfern genutzt worden. Von ukrainischer wie auch von UN-Seite jedoch hieß es, dass es sich um eine funktionierende Geburtsklinik gehandelt habe.
Tschernobyl: Stromversorgung läuft wieder
Das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl ist ukrainischen Angaben zufolge wieder vollständig an die Stromversorgung angeschlossen. «Heute ist es unseren Atomwissenschaftlern und Elektrikern (…) gelungen, die Stromversorgung des von den russischen Besatzern beschlagnahmten Kernkraftwerks Tschernobyl wiederherzustellen», teilte der ukrainische Betreiber Enerhoatom mit.
Damit liefen die Kühlsysteme des Lagers für abgebrannten Kernbrennstoff nun wieder normal und nicht länger nur über eine Notstromversorgung. Das von russischen Einheiten besetzte Atomkraftwerk Tschernobyl war am vergangenen Mittwoch von der Stromversorgung abgeschnitten worden.
US-Medien: Russland bat China um militärische Hilfe
Medienberichten zufolge hat Russland nach Angaben von Vertretern der US-Regierung China nach dem Beginn des Kriegs in der Ukraine um militärische und wirtschaftliche Hilfe gebeten. Die nicht namentlich genannten Regierungsvertreter machten demnach keine Angaben dazu, welche Waffen oder Munition Moskau sich von Peking erhoffte.
Auch blieb unklar, wie oder ob China auf die Anfragen reagierte, wie am Sonntag unter anderem die «Washington Post», die «New York Times» und die «Financial Times» berichteten. Russland habe auch um wirtschaftliche Unterstützung gebeten, um die Auswirkungen der Sanktionen zu begrenzen, hieß es. Das kommunistische China bemühte sich bislang um eine eher neutrale Haltung.
Das wird am Montag wichtig
Unterhändler der Ukraine und Russlands wollen in einem Online-Format miteinander sprechen. Zuletzt hatten sich Vertreter der Delegationen zurückhaltend optimistisch zu den Verhandlungen geäußert. Selenskyj sieht als eine wichtige Aufgabe bei den Gesprächen die Organisation eines Treffens der Staatschefs der Länder.
Kremlsprecher Dmitri Peskow schloss ein Treffen von Russlands Präsident Wladimir Putin mit Selenskyj nicht aus. Man müsse aber verstehen, was das Ergebnis des Treffens sein solle und was dort besprochen werde.
Bildquelle:
- Zerstörung in Kiew: dpa