von HOLGER SCHMIDT
KÖLN – Aus der Fankurve erklangen die «Spitzenreiter, Spitzenreiter»-Rufe, am Mittelkreis gratulierte Steffen Baumgart nach der Niederlage gegen seinen Herzensclub seinem Trainer-Kollegen Urs Fischer.
Union Berlin schwimmt auch nach dem misslungenen Europa-League-Debüt in der Fußball-Bundesliga weiter auf der Erfolgswelle und hat nach dem 1:0 (1:0) beim 1. FC Köln die Tabellenführung übernommen. Vor dem Spätspiel des bisherigen Spitzenreiters SC Freiburg gegen Borussia Mönchengladbach gewannen die Eisernen das Duell der bis dahin ungeschlagenen Überraschungsteams und standen zumindest vorübergehend an der Spitze.
Unions Trimmel: «Wir haben einen Lauf»
Nach dem Abpfiff ließ Baumgart bei DAZN mächtig Dampf ab. Die Schiedsrichterleistung gehe ihm «auf die Eier», motzte der FC-Coach, der mit einigen Entscheidungen unzufrieden war. «Wir haben einen Lauf», sagte Berlins Kapitän Christopher Trimmel. Seine Mannschaft habe es «phasenweise gut gemacht, aber im Spiel mit dem Ball müssen wir zulegen». Kölns Angreifer Florian Kainz ärgerte sich: «In der ersten Halbzeit war es viel zu wenig.»
Die Köpenicker, die am Donnerstag eine 0:1-Heimniederlage gegen Royale Union Saint-Gilloise aus Belgien kassiert hatten, siegten durch ein Eigentor von Timo Hübers (3.). «Das war super unglücklich», sagte der Pechvogel nach dem Spiel.
Mehr Tore für Union waren möglich, doch erst scheiterte Jordan Siebatcheu mit einem fragwürdigen Handelfmeter an FC-Keeper Marvin Schwäbe (10.), dann wurde ein Tor von Sheraldo Becker wegen Abseits aberkannt (13.). Positiv für die Hauptstädter: Timo Baumgartl stand erstmals seit seiner im April diagnostizierten Hodenkrebs-Erkrankung im Kader, eingewechselt wurde er allerdings nicht.
Kölns Trainer Steffen Baumgart kassierte die erste Saison-Niederlage somit ausgerechnet gegen seinen Herzensclub. Union ist er seit seiner Profi-Zeit von 2002 bis 2004 nämlich eng verbunden. Die Familie wohnt in Stadionnähe, er ist Vereinsmitglied und spielt in der Traditionsmannschaft, seine Frau arbeitete im Berliner Fanshop.
Doch die Konzentration auf dieses Spiel war Baumgart schwer gefallen. Im Vorfeld hatte er erklärt, man könne nach den Ausschreitungen vor dem Conference-League-Spiel in Nizza am Donnerstag (1:1) «nicht zur Tagesordnung übergehen». Der Coach hatte die Vorfälle im Gegensatz zu seinen da noch in der Kabine befindlichen Spielern aus nächster Nähe verfolgt, da er gesperrt auf der Tribüne saß. Die Gefühlslage sei «wieder in Ordnung», sagte Baumgart vor dem Spiel bei DAZN. Es seien trotzdem «Bilder, die wirst du nicht vergessen».
Kölns Baumgart in seinem Element
Sportlich war der FC-Coach am Spielfeldrand in der hektischen und ereignisreichen Anfangsphase dann gleich wieder auf 180. Als Hübers einen Schuss von Becker unhaltbar für Schwäbe ins eigene Netz ablenkte, war er erst einmal fassungslos. Als Luca Kilian einen Kopfball mit dem Rücken zu Schütze Robin Knoche stehend gegen den Oberarm bekam und Schiedsrichter Benjamin Cortus Elfmeter pfiff, echauffierte er sich mächtig. Und als der in den vergangenen Wochen schon überragende Schwäbe gegen den nach Muskelverletzung wieder ins Team gerückten Siebatcheu hielt, feierte Baumgart dies wild gestikulierend in Richtung des vierten Offiziellen Thomas Gorniak.
Die Kölner agierten dennoch weiter konfus, die Berliner gaben klar den Ton an. Als die Leverkusener Leihgabe Lennart Grill, die für den angeschlagenen Frederik Rönnow erstmals im Tor stand, zum ersten Mal eingreifen musste (29. gegen Linton Maina), hätte es schon gut und gerne 0:3 oder 0:4 stehen können. So blieb das Spiel offen, und nach einer halben Stunde fing sich der FC. Direkt nach der Pause hatte Maina dann die Großchance zum Ausgleich, er scheiterte aber am stark reagierenden Grill (47.). Auf der Gegenseite schlenzte Union-Kapitän Christopher Trimmel den Ball an den Pfosten (58.). In der 81. Minute sah Kölns Kilian noch die Gelb-Rote Karte.
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- 1. FC Köln – 1. FC Union Berlin: dpa