Berlin – Die Kanzlerkandidatur von Martin Schulz beschert der SPD immer stärkeren Aufwind. Im jüngsten ARD-Deutschlandtrend verbessern sich die Sozialdemokraten in der Sonntagsfrage um acht Punkte auf 28 Prozent und erreichen damit den besten Wert der Wahlperiode in dieser Umfrage.
Die Union verliert im Vergleich zum Vormonat drei Punkte und landet bei 34 Prozent. Wenn der Kanzler direkt gewählt werden könnte, würden sich sogar 50 Prozent für Schulz entscheiden und nur 34 Prozent für Amtsinhaberin Angela Merkel.
Die am Donnerstag veröffentlichten Daten ermittelte Infratest dimap. Der Wahltrend von «Stern» und RTL hatte jüngst ebenfalls diese Tendenz gezeigt. Eine aktuelle Insa-Umfrage im Auftrag der «Bild»-Zeitung ergibt einen ähnlichen Trend: Dort kommen die Sozialdemokraten in der Sonntagsfrage auf 27 Prozent und damit auf einen Prozentpunkt mehr als noch am Montag.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber rief die Union angesichts des SPD-Hochs zu Geschlossenheit auf: «Die Zahlen machen deutlich: Es geht um was, wir müssen geschlossen kämpfen», sagte er dem Berliner «Tagesspiegel» (Freitag). Dass der Kandidat Schulz erst einmal Neugier und Interesse wecke, sei nicht ungewöhnlich. «Inhaltlich hat er sich bislang nicht festgelegt, zeigt also auch noch keine Angriffsfläche. Das wird er bis zur Wahl aber nicht durchhalten können.»
Tauber betonte, die Parteiwerte der SPD befänden sich «im Rahmen dessen, was sie auch zu Beginn der Wahljahre 2009 und 2013 in Umfragen hatte». Anders als im Februar 2013 habe Rot-Rot-Grün in den Umfragen aber keine Mehrheit. Die Linke und die Grünen kommen im Deutschlandtrend auf je 8 Prozent (je minus 1). Die FDP landet bei 6 Prozent (plus 1) und die AfD bei 12 Prozent (minus 3). Die Hälfte der Befragten wünscht sich, dass die neue Bundesregierung SPD-geführt sein sol. 39 Prozent finden, sie solle von CDU/CSU geführt werden.
Führende SPD-Politiker werteten die Ergebnisse als Anzeichen für einen bevorstehenden Niedergang der Union. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sagte dem «Tagesspiegel»: «Der Lack bei Frau Merkel ist ab. Martin Schulz kann sie schlagen, das werden wir unter Beweis stellen.» SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel erklärte: «Die Leute haben die Nase voll von Merkels ambitionsloser Politik. Sie wollen eine klare Haltung und die kriegen sie bei Martin Schulz.»
Ein «Schulz-Effekt» schlägt sich für die SPD auch in den Mitgliederzahlen nieder. Nach einem Bericht der «Heilbronner Stimme» (Freitag) sind seit dem Bekanntwerden von Schulz‘ Kandidatur bis Donnerstagvormittag bundesweit 3195 Neueintritte über Online-Formulare registriert worden. Noch nicht mitgezählt sind die Eintritte vor Ort in SPD-Geschäftsstellen. Üblicherweise werden pro Monat etwa 1000 Eintritte gezählt, wie die SPD-Bundesgeschäftsstelle der Zeitung mitteilte.
Allein der SPD-Heimatverband des Kanzlerkandidaten, der Landesverband Nordrhein-Westfalen, verbucht mit weit mehr als 1000 neuen Mitgliedern im Januar 2017 den höchsten Stand seit Jahrzehnten. «So viele Neueintritte in einem Monat registrierte die NRW-SPD seit mehr als 20 Jahren nicht», teilte die Partei in Düsseldorf mit.
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- Martin Schulz in Herne: dpa