von THOMAS PAULWITZ
FRANKFURT/M. – Milliarden-Verluste und Umsetzung der Corona-Regeln: Man sollte meinen, die Deutsche Lufthansa AG stecke all ihre Anstrengungen voll und ganz in das Unterfangen, den gerupften Kranich wieder flügge zu machen. Doch weit gefehlt: Drängendstes Problem der Führungsebene scheint derzeit zu sein, die Fluggäste gendergerecht anzureden.
So soll unter anderem die höfliche Begrüßung „Sehr geehrte Damen und Herren“ entfallen, wie jüngst zu erfahren war. Jemand, der sich weder als Mann noch als Frau definiere, könne durch diese Anrede nämlich in seinen Gefühlen verletzt werden. In Wirklichkeit geht es natürlich nicht um Menschenfreundlichkeit, sondern darum, auch die Lufthansa der Genderideologie zu unterwerfen, indem eine bestimmte Signalsprache durchgesetzt wird.
Gender-Auflagen im Namen des Steuerzahlers?
Aufgrund der Reiseverbote im Zuge der Corona-Politik hatte die Lufthansa schwer zu leiden. Die Nachfrage sank dramatisch. Der Umsatz rutschte von 36,4 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf 13,6 Milliarden Euro 2020. Der Verlust betrug 6,7 Milliarden Euro, nachdem im Jahr zuvor noch rund zwei Milliarden Euro Gewinn erwirtschaftet wurde.
Schnell sprang der Staat ein. Deutschland, die Schweiz, Österreich und Belgien stellten insgesamt neun Milliarden Euro bereit, von denen die Lufthansa bislang 2,3 Milliarden abrief. Im Gegenzug sicherte sich der Staat Mitspracherechte bei der Unternehmensleitung. Der Bund erwarb für rund 300 Millionen Euro 20 Prozent der Aktien und wurde damit zum größten Einzelaktionär. Die Lufthansa wurde also teilverstaatlicht.
Gehörte zu den Auflagen der Bundesregierung, im Unternehmen die Gendersprache einzuführen? Aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs könnte man zu diesem Schluss kommen. Seit dem 1. Juni wird nämlich den 100.000 Lufthansa-Mitarbeitern das Gendern vorgeschrieben.
Fluggästinnen und Bordlinge
Timotheus Piechatzek, Lufthansa-„Beauftragter für Chancengleichheit“, erklärte gegenüber dem Magazin „Business insider“: „Wir empfehlen all unseren Mitarbeitenden, auch unseren Flugzeug-Besatzungen (übrigens ein gutes Beispiel für ein geschlechterneutrales Wort), hauptsächlich neutrale Wörter zu verwenden.“ So soll die bisherige Begrüßung im Flugzeug „Sehr geehrte Damen und Herren“ fallen. Was an ihre Stelle rücken soll, wird bewusst offen und unklar gehalten. Bei der Vorgabe zur Neutralisierung der Damen und Herren muss sich die Lufthansa andere Anreden einfallen lassen, wie vielleicht „Liebe Bordlinge“ oder „Liebe Flugpersonen“ oder „Liebe Abzuhebende-und-dann-wieder-hoffentlich-sicher-Landende“.
Doch soll die Sprache der Lufthansa nicht nur neutralisiert werden; auch Gendersterne – in schriftlicher Form und gesprochen als Genderpause – ziehen ins Unternehmen ein. Piechatzek belehrt: „Auch mündlich kann man auf Geschlechtergerechtigkeit achten. Für neutrale Formulierungen gelten die gleichen Regeln wie beim Schreiben. Ansonsten kann man die kurzen Pausen wie zum Beispiel bei Kolleg*innen einfach mitsprechen.“ Da die Entscheidung für die gesamte Lufthansa-Gruppe gilt, stellen auch Swiss und Austrian Airlines die deutsche Sprache unter das Gender-Diktat. Die Schweizer führen zum Beispiel den Gender-Doppelpunkt ein.
Anerkannte Höflichkeitsformen dienen dem Frieden
Höflichkeitsformen wie „Sehr geehrte Damen und Herren“ sind über Jahrhunderte gewachsen. Sie dienen dem inneren Frieden, weil sie durch allgemein anerkannte Ehrbezeugungen eine sichere Umgebung signalisieren, in der man sich gut aufgehoben fühlen kann. Es geht also bei der Vergenderung unserer Sprache um mehr als nur um den Austausch gewohnter Wörter oder um die Verabschiedung von Traditionen. Wer eingeübte Rituale abschafft und an deren Stelle politisch aufgeladene Floskeln setzt, die aufgrund der Politisierung gar nicht auf ungeteilten Zuspruch stoßen können, der sorgt für Unfrieden, weil er einen Keil in die Gesellschaft treibt. Sehr geehrte Damen und Herren der Lufthansa, lasst ab von dem Unf(l)ug!
Bildquelle:
- Lufthansa: dpa