Schwierige Koalitionssuche in Niedersachsen hat begonnen

Niedersachsens Ministerpräsident Weil hält sowohl Ampel als auch große Koalition für «nicht so ganz einfach». Foto: Julian Stratenschulte

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte sich aber zunächst nicht dazu, welcher Partei die Sozialdemokraten zuerst Gespräche anbieten wollen. Am wahrscheinlichsten erscheint derzeit, dass es zu einer großen Koalition der SPD mit der CDU kommt.

Auch bei der CDU tagte am Abend der Landesvorstand. Die Partei sieht die Möglichkeit, sich bei Koalitionsgesprächen mit der SPD bei Themen wie dem Autobahnausbau oder der digitalen Infrastruktur schnell zu einigen. Bei einer großen Koalition dürften menschliche Probleme nicht im Fokus stehen, es gehe um eine stabile Landesregierung für die nächsten fünf Jahre, sagte CDU-Generalsekretär Ulf Thiele am Rande der Sitzung.

Die Bildung einer Jamaika-Regierung mit FDP und Grünen will die Union aber weiterhin nicht ausschließen. «Wir halten uns die Option einer Koalition aus CDU, FDP und Grünen offen», sagte Thiele.

Dritte Möglichkeit wäre ein Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und Liberalen – dem stellt sich aber die FDP in den Weg. Eine solche Koalition werde es nicht geben, bekräftigten führende Politiker der Partei.

Weil sagte zu einer Ampel oder einer großen Koalition: «Beides ist in Niedersachsen nicht so ganz einfach.» Er sieht aber beim Thema Ampel das letzte Wort bei der FDP noch nicht gesprochen. Er wolle den Gesprächen nicht vorgreifen, sagte er. «Wir schauen mal, wie weit wir damit kommen.» Für undenkbar hält Weil eine Jamaika-Koalition unter Führung der zweitplatzierten CDU mit FDP und Grünen: «Das halte ich in Niedersachsen für sehr ausgeschlossen.»

Vizekanzler und Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte CDU und FDP auf, eine Regierung unter Führung der SPD zu ermöglichen. «Es sind jetzt alle klug beraten, dieses Wählervotum nicht zu ignorieren, sondern darauf zu setzen, dass eine stabile Koalition zustande kommt.»

Wahlverlierer Bernd Althusmann von der CDU sieht den Ball im Feld der SPD. Er machte aber auch klar, dass die CDU nicht um jeden Preis in die Regierung wolle. «Anbiedern werden wir uns nicht.» Für die CDU in Niedersachsen bestehe kein Grund, in Sack und Asche zu gehen oder gar Trauerflor zu tragen. «Für Euphorie besteht allerdings auch kein Grund», sagte Althusmann.

Die FDP versperrte auch am Tag nach der Wahl den Weg für ein rot-gelb-grünes Bündnis. «Wir lehnen eine Ampel zu 100 Prozent ab», sagte FDP-Generalsekretär Gero Hocker.

Agrarminister Christian Meyer (Grüne) forderte die FDP dennoch, ihre Blockadehaltung zu überdenken. «Es wäre eine Koalition der progressiven Kräfte», sagte Meyer. Grünen-Landeschefin Meta Janssen-Kucz warnte vor den Folgen eines SPD/CDU-Bündnisses. «Eine große Koalition würde Stillstand für Niedersachsen bedeuten. Und Stillstand befördert Unzufriedenheit und damit die Rechtspopulisten», sagte Janssen-Kucz der dpa.

Bei der AfD, die erstmals in den Landtag einzog, war indes noch kein Ende des parteiinternen Streits in Sicht. AfD-Landeschef Paul Hampel sah trotz der Querelen keinen Grund zum Rücktritt. «Ich sehe keinen Anlass», sagte er. Überrascht und enttäuscht zeigte sich Hampel von einem Schreiben mehrerer Landesvorstandsmitglieder, die am Sonntag einen Sonderparteitag und eine Neuwahl der Parteiführung forderten.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis wurde Rot-Grün am Sonntag knapp abgewählt, vor allem wegen deutlicher Verluste der Grünen. Die SPD verbesserte sich auf 36,9 Prozent, gut vier Punkte mehr als 2013. Die CDU kam nur noch auf 33,6 Prozent, das war das schlechteste Ergebnis seit fast 60 Jahren. Die Grünen rutschten um fünf Punkte ab auf 8,7 Prozent. Die FDP landete bei 7,5 Prozent, das war ein Minus von 2,4 Punkten. Die AfD erreichte 6,2 Prozent. (dpa)

Bildquelle:

  • Stephan Weil: dpa

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