Putins Tochter auf Sommerfrische in Bayern – und keiner hat’s gemerkt

Liebe Leserinnen und Leser,

eine der Töchter des russischen Präsidenten ist Katerina Tichonowa. Oft, sehr oft, reiste sie in den vergangenen Jahren in Begleitung vermutlich bewaffneter Personenschützer des russischen Geheimdienstes nach Bayern. Grund dürfte eine Liebesbeziehung zu Igor Zelensky sein, der weder verwandt noch verschwägert mit dem ukrainischen Präsidenten ist. Bis April dieses Jahres war Zelenky Chef des Bayerischen Staatsballetts und er ist wohl auch der Vater von Tichonowas heute vierjähriger Tochter.

So weit, so normal. Das für uns Eingeweihte hier wenig Überraschende ist: Die deutschen Sicherheitsbehörden haben nichts bemerkt. Und das, obwohl Tichonowa mehr als 20 Mal in Deutschland war und natürlich immer unter ihrem tatsächlichem Namen einreiste.

Und wie das heute so ist, sind die Reisen der Putin-Tochter bestens dokumentiert. Passagierdaten wurden „geleakt“, wie man das nennt, eine Recherchegruppe namens „IStories“ hat Passkopien und interne E-Mails aus dem russischen Sicherheitsapparat. Sie wissen, dass Tichonowa zeitweise mit einem italienischen EU-Visum reiste, dass sie im Münchener Fünf-Sterne-Hotel „Mandarin Oriental“ nächtigte und auch im Hotel „Leeberghof“ am Tegernsee. Manchmal reisten sie weiter nach Granada, Mailand, London, Bologna und Kitzbühel. Die privaten Rechercheure wissen nahezu alles, was mir – nebenbei gesagt – eine ehrliche Hochachtung vor der Arbeit dieser Leute abnötigt.

Bloß: Was machen unsere deutschen Geheimdienste eigentlich beruflich?

Wenn eine prominente russische Staatsbürgerin am Flughafen einreist, schaut da nicht mal jemand auf den Reisepass, auf das Visum oder im Computer nach? Wenn Osama bin Ladens Söhne mit Patronengurten durch die Sicherheitskontrolle gehen, guckt da vielleicht mal jemand hoch? Und bitte, schreiben Sie mir nicht, ich hätte Frau Tichonowa als „Terroristin“ bezeichnet, natürlich nicht. Aber die Tochter von Wladimir Putin reist, begleitet von bewaffneten Bodyguards hier ein, und niemand bemerkt es? Das kann doch nicht wahr sein, oder? Ist es aber.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler sagte jetzt, der Fall sei „ein illustres Beispiel“ dafür, „dass wir in den vergangenen Jahrzehnten keine Strategien entwickelt haben, den russischen Agenten und ihren Aktivitäten etwas entgegenzusetzen. Wir können so nicht weitermachen.“ Einem Regime, das in Europa einen Angriffskrieg entfache, müsse Deutschland „mit einem deutlichen Aufwuchs operativer Fähigkeiten der Sicherheitsbehörden entgegentreten“.

Was Herr Fiedler nicht sagte ist, dass es seine Partei war, die gemeinsam mit Grünen und FDP bis heute unseren Sicherheitsleuten gesetzliche Fesseln anlegen, über die Briten, Franzosen und Amerikaner nur lachen. Völlig weltfremd, völlig blauäugig, wie die Sicherheit Deutschlands in den vergangenen 20 Jahren aufs Spiel gesetzt wurde. Datenschutz als Täterschutz. Warum soll man denn Kameras auf öffentlichen Plätzen aufstellen, wenn da dauernd Verbrechen begangen werden? Haben denn Drogendealer und Messerstecher nicht auch Persönlichkeitsrechte, dürfen Islamisten in ihren Wohnzimmern nicht auch mal ausruhen, ohne dass jemand die Tür eintritt?

Ich glaube nicht, dass Katerina Tichonowa irgendeine Bedrohung für die Sicherheit der Bundesrepublik dargestellt hat. Aber dass unsere Sicherheitsleute nicht wissen, wenn Putins Tochter mit bewaffneten russischen Geheimdienstlern hier einreist, das ist ein handfester Skandal.

Mit besorgten Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.