Kirow – Dem russischen Oppositionellen Alexej Nawalny droht durch einen Schuldspruch in einem umstrittenen Strafprozess eine Kandidaten-Sperre bei der Präsidentenwahl 2018.
Ein Gericht in der Stadt Kirow nordöstlich von Moskau verurteilte Nawalny zu fünf Jahren Haft auf Bewährung sowie einer Geldstrafe und bestätigte ein erstes Urteil von 2013. Er soll einer staatlichen Firma Bauholz im großen Stil gestohlen haben. «Wir akzeptieren das Urteil nicht», sagte der bekannte Gegner von Kremlchef Wladimir Putin.
Nawalnys Anwälte fürchten, dass dieser bei einer rechtskräftigen Verurteilung nicht bei der Präsidentenwahl 2018 kandidieren darf. Der 40-Jährige kündigte Berufung an. «Dieses Urteil hat vollständig die Ergebnisse des ersten Verfahrens wiederholt», kritisierte er.
Bereits 2013 war Nawalny in dem Fall zu fünf Jahren Haft auf Bewährung und 500 000 Rubel Geldstrafe verurteilt worden. Nawalnys früherer Geschäftspartner Pjotr Ofizerow wurde auch wieder zu vier Jahren auf Bewährung verurteilt. Damit bekräftigte Richter Alexej Wtjurin das Urteil von 2013. Den beiden wird vorgeworfen, die Bauholzfirma um mögliche Einnahmen von rund 16 Millionen Rubel (etwa 250 000 Euro) gebracht zu haben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stufte den Prozess von damals aber als unfair ein, das Oberste Gericht Russlands ordnete eine Neuaufnahme an.
Nawalny will bei der Präsidentenwahl 2018 antreten. Beobachter räumen ihm bei einer Kandidatur allerdings nur geringe Chancen ein. Ob er nach dem Schuldspruch kandidieren darf, ist fraglich.
Seine Anwältin Olga Michailowa sagte der Agentur Interfax, nach dem Wahlgesetz dürfe Nawalny nicht kandidieren, sofern das Urteil nicht zurückgenommen wird. Zugleich behauptete sie, dass es in dieser Frage eine Kollision zwischen Wahlgesetz und Verfassung gebe.
Nawalny kündigte an, er werde kämpfen für sein Recht zu kandidieren: «Wir werden das Verfassungsgericht anrufen.» Er wirft den Behörden vor, mit dem Prozess seine Teilnahme an der Wahl verhindern zu wollen. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, er halte solche Befürchtungen für unangebracht. Kritiker werfen Nawalny vor, sich mit dem Prozess interessant machen zu wollen und diesen deswegen gezielt mit seinem Wahlkampf in Verbindung zu bringen.
Die Bundesregierung äußerte sich besorgt über die Bestätigung des Urteils von 2013. Auch bei diesem Verfahren gebe es Zweifel, ob ein faires Verfahren gewährleistet gewesen sei, teilte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, mit. «Die Bundesregierung erinnert in diesem Zusammenhang an die Verpflichtung Russlands zur Beachtung
der Europäischen Menschenrechtskonvention. Alexej Nawalny muss auch künftig die Möglichkeit haben, am politischen Leben in Russland teilzunehmen.»
Bei Twitter gab sich Nawalny kämpferisch: «Putin und seine Bande von Dieben hat Angst vor uns bei den Wahlen. Sie haben Recht: Wir werden gewinnen.» Am Wochenende hatte er demonstrativ in Putins Heimatstadt St. Petersburg ein Wahlkampfbüro eröffnet.
Putin hat sich noch nicht geäußert, ob er 2018 wieder antreten will. Beobachter rechnen aber damit. Neben Nawalny haben der Rechtspopulist Wladimir Schirinowski und der liberale Politiker Grigori Jawlinski von der Oppositionspartei Jabloko ihre Kandidaturen angekündigt. Ihnen werden kaum Chancen eingeräumt. Oppositionelle klagen immer wieder darüber, kaum Zugang zu kremlgelenkten Medien zu bekommen.
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- Alexej Nawalny: dpa