von WOLFGANG JUNG & BIRGIT REICHERT
FRANKENTHAL – Unter großem Zuschauerandrang und starken Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag der Mordprozess gegen einen 26-Jährigen vor dem Landgericht Frankenthal im Nordosten der Pfalz begonnen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann aus Somalia vor, mit einem Küchenmesser am 18. Oktober 2022 in Ludwigshafen-Oggersheim zwei Männer auf offener Straße ermordet sowie einen Kunden in einem Geschäft schwer verletzt zu haben. Den abgetrennten rechten Unterarm eines der Todesopfer soll er auf den Balkon seiner ehemaligen Freundin geworfen haben.
Der Staatsanwaltschaft zufolge griff der Angeklagte die Opfer an, obwohl er gewusst habe, dass die Männer seine frühere Lebensgefährtin gar nicht kannten: «Der Sachverständige teilte nach der Untersuchung mit, dass der Angeschuldigte ihm gesagt habe, aus Wut und Eifersucht bewusst deutsche Männer angegriffen zu haben.»
Der dunkel gekleidete Angeklagte wurde mit Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal geführt. Er hielt sich zum Prozessauftakt einen grauen Aktenordner vor das Gesicht. Die Vorsitzende Richterin sagte, die Taten hätten «unsägliches Leid und Schmerz» verursacht. Aber so erschütternd die Ereignisse auch sein mögen, die Verhandlung müsse objektiv und unvoreingenommen sein.
Vier Schüsse der Polizei
Die Vorwürfe: Einen 20-Jährigen soll der Angeklagte mit dem Messer mit etwa 20 Zentimetern Klingenlänge getötet haben, weil seine Freundin ihn verlassen hatte und er überzeugt war, sie habe einen neuen Partner. Ein 35-Jähriger habe versucht, ihn aufzuhalten – auch ihn verletzte der Angreifer tödlich. Im Anschluss soll der Mann in einem Geschäft mit dem Messer einen 27-jährigen Kunden schwer verletzt haben. Polizisten machten den Angreifer mit vier Schüssen kampfunfähig.
Vor Prozessbeginn hatte der Vater des 20 Jahre alten Opfers vor dem Gerichtssaal gesagt: «Ich erwarte eine gerechte Strafe.» Auf Nachfrage von Journalisten, wie diese aussehen sollte, antwortete er: «Lebenslänglich. Und wahrscheinlich noch mit Sicherheitsverwahrung, das wäre die korrekte Strafe für diesen Menschen.»
Er sei zum Prozessauftakt «sehr aufgeregt», sagte der Vater. Er gehe in den Prozess, weil er hoffe, Antworten auf noch offene Fragen zu finden. Er und seine Frau litten bis heute sehr. «Wir müssen heute noch kämpfen, haben schlaflose Nächte.»
Der Anwalt des Schwerverletzten, der als Nebenkläger auftritt, sagte, es sei seinem Mandaten «ganz wichtig, dass herausgefunden wird möglicherweise, was das Motiv gewesen ist». «Und natürlich wie es abgelaufen ist.» Er habe kaum Erinnerungen an die Tat. Dem 27-Jährigen gehe es heute körperlich «eigentlich ziemlich gut», sagte Anwalt Philipp Moritz Hug weiter. Psychisch aber sei es «natürlich schwierig», gerade jetzt zum Prozess. Sein Mandat habe aber keinen «Hass oder so etwas, er versteht es einfach nicht».
Nach der Aussage von Hug sei die Attacke «völlig unvorsehbar» gewesen. «Es hätte niemand diesen Angriff verhindern können», sagte er. Es habe keine Streit gegeben, der Stich sei völlig unvermittelt gekommen. Das gehe aus einer Videoaufnahme hervor.
Seit 2015 in Deutschland
Der Angeklagte, der zuletzt in Neustadt an der Weinstraße wohnte, beantwortete nach der Verlesung der Anklage Fragen zu seiner Person mithilfe eines Dolmetschers. Er habe Somalia «mit 17 oder 18 Jahren» verlassen und sei über Äthiopien, Malta, Schweden und Dänemark gereist und im November 2015 per Flugzeug in Frankfurt/Main angekommen. Nach Aufenthalten bei Mainz und Koblenz sei er nach Neustadt zugeteilt worden.
Auf die Frage der Richterin, ob die Flucht gefährlich gewesen sei, sagte der Angeklagte über seinen Dolmetscher: «Ehrlich gesagt – so schlimm war es auch nicht.» Er habe mehrfach überlegt, Deutschland zu verlassen. «Ich kam ehrlich gesagt nie hier an.»
Der Mann ist laut Gutachter schuldfähig. Die Anklage lautet unter anderem auf zweifachen Mord sowie versuchten Mord. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld sowie Unterbringung in Sicherungsverwahrung. Für den Prozess sind 14 Verhandlungstage bis Mai angesetzt.
Bildquelle:
- Mordprozess nach Messerangriff in Ludwigshafen: dpa