Politiker, die am Amt klammern – habt Ihr eigentlich kein Leben?

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören. Sagt der Volksmund, und ich denke: Warum eigentlich?

Wenn’s am schönsten ist, macht man nach meinem Verständnis auch gern weiter. Aber genau das ist das Problem bei Spitzenpolitikern.

Die finden oft an ihren einflussreichen und gut bezahlten Jobs so großen Gefallen, dass sie den richtigen Zeitpunkt zum Absprung verpassen.

Bei Helmut Kohl als Bundeskanzler war das so. Hätte er auf seine letzte Kandidatur verzichtet, wäre ihm und dem Land Einiges erspart geblieben. Ich stamme – wie sie wissen – aus einer einst reinen CDU-Familie, also CDU-freundlichen Familie. Seit dem Sündenfall 1969, als die FDP vom Partner Union zu den Sozis wechselte, wurde stramm CDU durchgewählt bei Kelles und angeheirateten Familien. Und dennoch erinnere ich mich an einem Abend mit meinem Vater vor der Glotze, ARD-Tagesschau. Als Kohl auf dem Bildschirm auftauchte, sagte Papa spontan und aus vollem Herzen: „Ich kann den Mann nicht mehr sehen“.

Das kam so spontan, er hatte ihn ja vorher immer selbst gewählt, aber zuviel ist zu viel.

Selbst, wenn solche Leute viel richtig gemacht haben vorher. Deshalb halte ich auch das amerikanische System für klasse, wo ein Präsident nur noch einmal wiedergewählt werden kann. So eine Regel gab es übrigens auch in der Russischen Föderation. Und Putin ließ dann einfach die Regeln und Gesetze ändern und hockt da jetzt schon seit…auf jeden Fall viel zu lange.

Oder nehmen Sie Joe Biden!

Der Mann ist 80 und hat gerade seine erneute Kandidatur als US-Präsident angekündigt. Mit 80. Donald Trump will auch – er ist jetzt 76. Warum? Habt Ihr kein Leben? Wahrscheinlich nicht…

Gegenüber den beiden Herrschaften ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit 69 ein junger Hüpfer. Auch der kann den Hals nicht vollbekommen. Macht macht süchtig.

Vorgestern brach er mitten in einem Fernsehinterview zusammen. Im Hintergrund hörte am „Würgegeräusche“, Werbung wurde gezeigt. Dann erschien er wieder vor der Kamera. The Show must go on!

Aber warum bloß?

Er hat sein Land politisch geprägt wie kaum ein anderer. Er hat Geld, Macht, eine Familie. Ey, Mann: Setz Dich an den Strand, trink was und iss Weißbrot mit Oliven! Aber hör auf!

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.