BUDAPEST – 8,2 Millionen wahlberechtigte Bürger wählen heute in Ungarn ein neues Parlament.
«Ich bin zuversichtlich», sagte der seit zwölf Jahren regierende Ministerpräsident Viktor Orban am Vormittag nach der Stimmabgabe vor seinem Wahllokal im Budapester Stadtteil Zugliget. «Es ist eine seltsame Wahl, denn (…) wegen des Krieges (in der Ukraine) müssen wir uns mit Fragen von Krieg und Frieden beschäftigen», fügte er vor Journalisten hinzu.
Orban strebt eine fünfte Amtszeit an, die vierte in Folge. Meinungsumfragen sahen seine rechtsnationale Fidesz-Partei zuletzt einige Prozentpunkte vor dem Bündnis von sechs Oppositionsparteien. Dieses tritt erstmals in dieser Form an. Der Zusammenschluss von linken, grünen, liberalen und rechts-konservativen Parteien will auf diese Weise seine Chancen optimieren.
Der Spitzenkandidat der Oppositionsallianz, der parteilose Konservative Peter Marki-Zay, rief in einem Facebook-Video dazu auf, die Orban-Regierung abzuwählen. «Wählen wir eine bessere Welt, ein glückliches Ungarn», sagte er vor seinem Haus in der südostungarischen Kleinstadt Hodmezövasarhely, wo er seit 2018 Bürgermeister ist. Er selbst werde nach dem Besuch des Gottesdienstes zur Wahl gehen, erklärte der bekennende Katholik.
Orban kritisiert die Opposition
Die Wahl ist vom Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine überschattet. In einem letzten Fernsehinterview am Samstagabend unterstellte Orban der Opposition, sich in den Krieg in der benachbarten Ukraine einmischen zu wollen. «Die Linke hat mit den Ukrainern einen Pakt geschlossen, und wenn sie gewinnt, zieht sie Ungarn in den Krieg hinein», sagte er.
Das Oppositionsbündnis schließt nicht nur linke und sozialdemokratische Parteien ein, sondern auch grüne, liberale und rechts-konservative. Sein Spitzenkandidat, der 49-jährige Peter Marki-Zay, ist ein parteiloser Konservativer und bekennender Katholik.
Freundschaft zu Putin
Orban hat wiederum in den vergangenen Jahren freundschaftliche Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin geknüpft. Den russischen Krieg gegen die Ukraine verurteilte er aber genauso wie die anderen NATO-Partner. Ungarn hat sich den Sanktionen gegen Russland angeschlossen und ungarische Kampfflugzeuge zum Schutz der baltischen Staaten verlegt.
Bereits vor dem Ukraine-Krieg hatte Orban in einem permanenten Konflikt mit der EU gestanden, die ihm vorwirft die Medienfreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz einzuschränken. Organ will – wie andere osteuropäische Staaten auch – ein Europa der Vaterländer, das einen gemeinsamen Rahmen zum gegenseitigen Wohlergehen aller schafft. Belehrungen aus Westeuropa, etwa über die richtige Familienpolitik, lehnt Ungarn strikt ab – offenbar getragen von einer großen Mehrheit der Bevölkerung.
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- Viktor Orban: dpa