Liebe Leserinnen und Leser,
unsere Kinder werden den Film wohl nie anschauen, weil er in schwarz-weiß gedreht wurde. Und das ist uncool, habe ich gelernt. Selbst habe ich „Der längste Tag“ bestimmt fünf Mal angeschaut, weil er eine militärische Operation für die Ewigkeit festgehalten hat: den D-Day. Die Landung von 60.000 amerikanischen, kanadischen, britischen und französischen Soldaten im Kugelhagel an den Stränden der Normandie. Ihr Ziel: einen Brückenkopf bilden, tief nach Frankreich hinein vorstoßen und von dort aus Richtung Berlin weiter, um gemeinsam mit der von Osten vorstoßenden verbündeten Roten Armee Europa von der Hitler-Barbarei zu befreien und den Zweiten Weltkrieg zu beenden.
Was wäre danach gekommen, wie würden wir heute leben, wenn das Unternehmen „Overlord“ damals gescheitert wäre? Wäre alles anderes verlaufen, wenn Generalfeldmarschall Erwin Rommel nicht zu einem Kurzurlaub in die Heimat gereist wäre, weil seine Ehefrau Geburtstag hatte? Was, wenn die Kommandanten an der Front gewagt hätten, den „Führer“ in Berlin wecken zu lassen, um ihn zeitnah über die Lage zu informieren?
Dass eine Invasion bevorsteht und „die Amerikaner kommen“, das wussten die Deutschen, allerdings hatten sie die Landung anderswo an der Küste erwartet. Und dass Kriegsherren eine Lage unterirdisch falsch einschätzen, gibt es ja auch in der Neuzeit, wenn Sie an die Ukraine denken. Wenn Sie den Film vom längsten Tag kennen, erinnern sie sich bestimmt an die deutschen Verteidiger in einem Bunker, die halb gelangweilt auf den Morgennebel über dem Ärmelkanal schauen und plötzlich erkennen sie die Umrisse eines Schiffes, dann eines zweiten, dritten, dann hunderter. Plötzlich war da diese gewaltige Armada, die auf die Küste zuhielt. Als Cineast liebe ich diese Momente im Kampf um Alles, wenn die Guten plötzlich am Horizont auftauchen.
Erinnern Sie sich noch an die alten Winnetou-Filme, wenn da der Kampf tobte und die Colts rauchten? Und plötzlich erschien der Häuptling der Apachen auf einer Anhöhe, ganz allein. Das Pferd die Vorderhufe hoch, der Anführer mit einer Winchester in der rechten Hand, hoch erhoben. Und plötzlich stürmen aus dem Nichts hinter ihm seine Kämpfer hoch zu Ross heran? Oder, ich weiß, ich schweife ein wenig hab, den Kampf um Helms Klamm, der stärksten Burg Rohans in Tolkiens Meisterwerk „Herr der Ringe“? Da gab es auch diesen magischen Moment, als die Orks fast schon gewonnen hatten, und plötzlich aus dem Nichts bog König Theoden als edler Retter mit 6000 Reitern über den Hügel und gewann das Ding aus dem Nichts, wie Arminia Bielefeld damals im strömenden Regen nach 1:3-Rückstand zwölf Minuten vor Schluss noch mit 4:3 gegen Borussia Dortmund. Für mich persönlich das Spiel meines Lebens. Aber, wie gesagt, das ist eine andere Geschichte und ich schweife ein wenig ab.
Tausende junge Männer starben an diesem 6. Juni 1944 im Kugelhagel der erbittert kämpfenden Wehrmacht, eroberten Bunker um Bunker. Wir alle haben ihnen so unendlich viel zu verdanken.
Wollten die jungen GIs und Briten Kopf und Kragen in Europa riskieren? Ganz bestimmt nicht. Gab es welche, die der Ansicht waren, lieber braun als tot? Natürlich. Wird schon nicht so schlimm werden, wir sind ja keine Juden. Und als die Wehrmacht Polen und Frankreich, Holland, Dänemark und die anderen Nachbarländer in Blitzkriegen überrannten? Ich bin sicher, es gab damals viele, die gesagt haben: Gegen dieses überlegene und gewaltige Hitler-Deutschland können wir sowieso nicht gewinnen, also Unterwerfung, Hauptsache keinen langen Krieg, bloß nicht noch mehr Tote. Aber sie haben es getan. Weil Unterwerfung nicht Weiterleben bedeutet, sondern der Tod zum dauerhaften Begleiter wird.
Es war die richtige Entscheidung. Wer von Ihnen schon länger meine Texte zu solchen Themen verfolgt, kennt meine Einstellung. Ich will keinen Krieg, gar keinen am liebsten. Aber es gibt noch etwas Wichtigeres als Frieden. Und das ist die Freiheit. Wer es damit ernst meint, der darf einem skrupellosen Barbaren niemals nachgeben. Damit unsere Kinder eine Zukunft haben.
Unterwerfung darf keine Option sein. Das ist mein voller Ernst.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle
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