Oblast Kursk: Kommen die Ukrainer da noch lebend heraus?

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Das ist jetzt wirklich ein militärischer Erfolg für Putin. Seine Streitkräfte haben die Region Kursk inzwischen nach monatelangem Kampf wieder unter Kontrolle, Tausende ukrainische Soldaten, die dort weiter kämpfen, sind praktisch eingekesselt, auch wenn ihr Generalstab das bestreitet. Aber, dass sich der amerikanische Präsident Donald Trump höchstselbst öffentlich an den russischen Präsidenten wendet, und um „Gnade“ für die ukrainischen Soldaten dort bittet, das ist ungewöhnlich.

„Tausende ukrainische Soldaten sind derzeit vollkommen von der russischen Armee eingekesselt“, beschrieb Trump auf Truth Social die Situation. Er habe den starken Mann in Moskau „nachdrücklich aufgefordert“, das Leben der Ukrainer zu verschonen. Andernfalls drohe ein „fürchterliches Massaker, wie es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen wurde“.

Putin reagierte standesgemäß und gab den Staatsmann-Darsteller

Bei einer Sitzung des Nationalen Russischen Sicherheitsrates in Moskau informierte er seine Generäle über das Ansinnen aus dem Weißen Haus – und signalisierte, dass er Trumps Bitte akzeptiert und unterstützen werde.

Der herzensgute Onkel Wladimir wieder…

Allerdings gäbe es da vorher noch ein paar kleine… Vorbehaltsklauseln.

Denn Putin stellt nicht etwa einen Fluchtkorridor für die Ukrainer in Aussicht, damit die abziehen können, sozusagen als Geste des guten Willens für die sich anbahnenden Friedensverhandlungen.

Putin fordert die ukrainischen Befehlshaber in der Region Kurs auf, ihren Soldaten zu befehlen, die Waffen niederzulegen und sich in russische Gefangenschaft zu begeben. Sonst müsse man diese – leider, leider – alle umbringen.

Wer weiß, wie Russland Kriegsgefangene behandelt, der versteht, dass wahrscheinlich manche der eingeschlossenen Soldaten den Freitod vorziehen werden, statt sich freiwillig in die Hände dieser Barbaren zu begeben. Unvergessen ist noch, wie die Verteidiger von Mariupol nach ihrem heldenhaften Kampf aufgeben mussten und unter den Augen der Weltöffentlichkeit wie Vieh zur Schlachtbank geführt wurden.

Das Schicksal von vielen der ausgemergelten Männer damals wird wohl niemals aufgeklärt

Keiner kann überhaupt sicher sagen, wer von den Männer überhaupt noch lebt.

Gerade veröffentlichte amnesty international (ai) einen Namen, von dem man annimmt, dass der Mann auch heute noch lebt: Artem Kolomiiets, ein ukrainischer Feldsanitäter, der im Mai 2022 nach der monatelangen Belagerung von Mariupol in russische Kriegsgefangenschaft kam. Amnesty dazu:

„Sein Gesundheitszustand ist kritisch und sein Leben in Gefahr, weil er in Gefangenschaft gefoltert und auf andere Weise misshandelt wurde und man ihm eine angemessene medizinische Versorgung verweigert. Er wird ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten“

Hat sich das Kursk-Abenteuer für die Ukraine gelohnt?

Vordergründig nicht. Im August 2024 marschierten Tausende ukrainische Soldaten völlig überraschend in den Südwesten des russischen Verwaltungsbezirkes Oblast Kursk ein und eroberten ohne nennenswerte Gegenwehr der Russen 1300 Quadratkilometer. Heute verteidigen die ukrainischen Truppen dort nur noch etwa 200 rund um Kurs herum – und es ist nicht die Frage, ob sich das Blatt noch wenden könnte. Es geht nur noch darum. möglichst viele der jungen Männer und Frauen in ukrainische Uniformen lebend da rauszuholen.

Vom möglichen „Gebietstausch“ redet niemand mehr

Die Russen rücken seit Jahresanfang kontinuierlich vor in der Oblast Kursk. Das zwar unter schrecklichen eigenen Verlusten, doch Menschenleben haben Putin noch nie interessiert. Auch russische nicht.

Alles hänge nun „von den Amerikanern ab“, schreibt der österreichische Militärexperte Markus Reisner, Offizier und Historiker, der seit Kriegsbeginn zu den renommiertesten Experten gehört, wenn es um den Ukraine-Krieg geht. Reisner sieht nur eine Chance, wenn Amerika stark auftritt: „Die Frage ist, ob sie bereit sind, den Druck auf Russland im Sinne der Ukraine zu erhöhen – oder eben nicht.“

Wieder einmal hängt es von den USA ab…

Ein friedliches Wochenende wünscht Ihnen

Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.