Nur die Einhaltung eigener Regeln ebnet den Weg zur politischen Macht

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser!

Über Jahre habe ich in vielen Beiträgen auf meinem Blog (Denken Erwünscht) und hier bei KELLE und auf TheGermanZ immer wieder angemahnt, dass eine AfD, die ins Machtspiel reinkommen will, selbst etwas dafür tun muss. So wie vor 30 Jahren die Grünen, die es – zugegeben – viel leichter hatten, weil sie links stehen. Da sind Verständnis für überzogene Positionen, Pizza-Connections und Hinterzimmer-Absprachen kein Problem. Und die linkswoke Medienblase ist sowieso wohlgesonnen.

Stehen sie aber rechts, sind sie grundsätzlich erstmal Paria

Da fangen sie nicht mit Koalitionsverhandlungen an, sondern mit eingeworfenen Fensterscheiben und gelockerten Radmuttern am Auto. Mit zerrissenen Wahlplakaten und mit Abgeordneten anderer Parteien, die sie keines Blickes würdigen auf den Fluren des Parlaments wenn sie selbst „Guten Morgen“ sagen.

Gestern Mittag war ich im Berliner Regierungsviertel bei einem Italiener zum Hintergrundgespräch mit einem AfD-Bundespolitiker. Sowas gehört zu meinem Beruf dazu, und im gestrigen Fall war es ein Vergnügen. Er erzählte mir von der Zeit, als die AfD erstmals in den Bundestag eingezogen war und er mit zwei Kollegen an einem der Tische Spaghetti aß. Einige Tische weiter saß damals ein SPD-Bundestagsabgeordneter beim Essen, winkte den Restaurantbetreiber zu sich heran und forderte ihn auf, zukünftig keine AfDler mehr in sein Lokal zu lassen. So kleinkariert sind sie heute bei der einst stolzen und traditionsreichen Arbeiterpartei SPD. Der Wirt lehne das Ansinnen ab, bei ihm sei jeder Gast willkommen, egal, zu welcher Partei er gehört. Chapeau!

Eine Gesellschaft braucht ein verbindendes Element, den Kitt, der sie zusammenhält bei allem politischen Streit bei aller schwarz-weißer oder bunter Vielfalt.

Für unser Land ist das Grundgesetz der Maßstab

Es garantiert, dass selbst die, die es abschaffen wollen, alle in ihr verbrieften Rechte in Anaspruch nehmen können. Großartig, in so einem Staat zu leben. Selbst wenn wir sehen, dass es ein linkes politisches Milieu gibt, dass es aushöhlen will und – dank Weichei-CDU – auch kann. Oder halten Sie die „Homo-Ehe“ für vereinbar mit dem Artikel 6 des Grundgesetzes? Den garantierten Schutz des menschlichen Lebens von seinem natürlichen Anfang bis zu seinem natürlichen Ende für vereinbar mit dem neuen Abtreibungsgesetz? Ich nicht.

Die AfD hat sich in dieser Woche blamiert im Bundestag

Denn es ging beim Besuch des gewählten ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky nicht um die Person, es ging um das Amt, das er innehat, und das Land, dass er repräsentiert.

Norbert Kleinwächter, einer von vier AfD-Bundestagsabgeordneten, die einen Arsch in der Hose – sprich: Rückgrat – haben und der „Empfehlung“ der Fraktionsspitze widerstanden, fasste das sehr gut zusammen, als er hinterher formulierte:

„Dass Selenskyi diese bittere Situation teilweise selbst mit erzeugt, entbindet nicht davon, der Ukraine gegenüber Respekt zu zollen. Ich erwarte, dass auch z.B. im britischen Unterhaus alle da sind und aufstehen, wenn Baerbock da spricht, auch wenn wir von ihr nichts halten – ganz einfach, weil sie in diesem Moment die Bundesrepublik Deutschland repräsentiert.“

Klar formuliert und absolut richtig

Eine Demokratie braucht Regeln, verbindliche Regeln. Sonst kann sie nicht funktionieren.

Und wer die Rede Selenskyjs angehört hat, der konnte feststellen, dass es da um alles andere als „Kriegstreiberei“ oder eine „Propaganda-Show“ ging. Sondern zum Beispiel um die absolute Notwendigkeit einer Friedenskonferenz mit Russland, um das Töten und Zerstören endlich zu beenden.

Aber nein, abwertend wird der Begriff „Bettelpräsident“ rausgehauen, und die Doofen marschieren los in ihren asolzialen Netzwerken. Alles, was abends im russischen Fernsehen berichtet wurde war, dass die alten Kampfgefährten von der BSW und die Rechten von der AfD den Präsidenten der Ukraine mit Schmähworten überzogen haben und ferngeblieben sind. Das ist ekelhaft.

Ganz anders präsentierte sich die AfD Anfang der Woche nach der erfolgreichen Europawahl

Sie schloss ihren vormaligen Spitzenkandidaten Maximilian Krah aus der AfD-Delegation im Brüsseler Parlament aus und wählte René Aust an die Spitze. Ob man den mag oder nicht – genau so funktioniert Realpolitik. Marine Le Pen und Giorgia Meloni haben gezeigt, wie man auch als Rechte an die Tische der Macht heranrückt, wie man ernstgenommen und mehrheitsfähig wird, wenn man einige gewisse Grundregeln einhält. Und schon fallen die Krah-Fußtruppen auf Knopfdruck über Aust her. Und, jetzt wird es spannend, denn Aust kommt aus Thüringen, ein Gefolgsmann von Björn Höcke, der Aust sofort zur Seite sprang, als der innerparteiliche – von Krah-Freunden initiierte – Shitstorm über den Landsmann Aust losbrach.

Die AfD ist wirklich eine spannende Partei, da ist jeden Tag was los. Denn Höcke hatte vorher hinter den Kulissen maßgeblich dazu beigetragen, dass sein einstiger Flügel-Spezi Krah überhaupt EU-Spitzenkandidat wurde. Da ist etwas in Bewegung gekommen, da kracht es hinter den Kulissen. Vielleicht der erste Schritt zur Selbstreinigung der Partei auf dem Weg zu mehr echtem politischen Einfluss. Bei den Grünen hat es funktioniert, nachdem man die faulsten Äpfel aussortiert hat. Die bestimmen immer noch die politische Agenda in Deutschland. In dem Fall leider….

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Kaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.