Nach tödlichen Schüssen auf einen Polizisten: Lebenslange Haft für «Reichsbürger»

Der Angeklagte hatte bei einem Routineeinsatz der Polizei im Oktober 2016 auf Beamte geschossen; einer starb, zwei weitere wurden verletzt. Foto: Daniel Karmann

Wolfgang P. hatte bei einem Polizeieinsatz Mitte Oktober 2016 auf Beamte eines Spezialeinsatzkommandos geschossen. Dabei starb ein Polizist, zwei weitere wurden verletzt. Die Beamten sollten helfen, die rund 30 Waffen im Haus von P. zu beschlagnahmen. Denn bei den Behörden galt der Jäger als nicht mehr zuverlässig.

Der Angeklagte betrat den Gerichtssaal mit einem Lächeln. Das Urteil nahm er regungslos zur Kenntnis.

Der Fall hatte ein Schlaglicht auf die Bewegung der «Reichsbürger» geworfen, die noch vor rund einem Jahr meist nur den Sicherheitsbehörden ein Begriff war. Anhänger der Bewegung lehnen die Bundesrepublik, deren Organe und Behörden ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. P. hatte Anfang 2016 im Einwohnermeldeamt seinen Personalausweis abgegeben.

Verteidigerin Susanne Koller kündigte an, das Urteil vom Bundesgerichtshof überprüfen zu lassen. Sie und ein Kollege hatten auf fahrlässige Tötung plädiert, was eine deutlich mildere Strafe bedeutet hätte.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete das Urteil als «hart» aber «gerecht» – angesichts der Schwere des brutalen Verbrechens. Er sei immer noch zutiefst erschüttert über den Mord. Seine Gedanken seien bei den Eltern, Angehörigen und Freunden des 32-Jährigen: «Denn der schreckliche Verlust eines geliebten Menschen kann durch kein Urteil wieder wettgemacht werden.»

Herrmann nahm das Urteil erneut zum Anlass, der «Reichsbürgerszene» den Kampf anzusagen: «Es gibt kein „Wenn“ und „Aber“: Unser Rechtsstaat setzt sich durch», betonte er. Das Ministerium geht von rund 3250 «Reichsbürger» in Bayern aus. Diese würden inzwischen auch verstärkt vom Verfassungsschutz beobachtet.

Nach Ansicht der Grünen-Fraktionsvorsitzenden im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, kann das Urteil nur der Anfang im Kampf gegen die Bewegung sein. «Reichsbürger müssen schnell und konsequent entwaffnet werden», sagte Schulze. Die «Reichsbürger» seien keine harmlosen Spinner, auch wenn die CSU sie lange als solche abgetan habe.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete das Urteil als «einzig richtige Entscheidung». Auch die Feststellung des Gerichts, dass der Einsatz korrekt geplant wurde, sei wichtig und notwendig gewesen.

«Es ist gut, dass das Gericht der befremdlichen Strategie der Verteidigung, diese Straftat als bloße Notwehr gegen vermeintliche Einbrecher hinzustellen, nicht gefolgt ist», sagte auch der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft DPolG, Hermann Benker. Das Urteil sei auch ein wichtiges Signal des Rechtsstaates, dass er sich von «Reichsbürgern» nicht auf der Nase herumtanzen lasse.

Bildquelle:

  • Prozess im Nürnberger Landgericht: dpa

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