Berlin – In konstruktiver Atmosphäre, aber erwartungsgemäß ohne nennenswerte Fortschritte ist die erste Sondierungsrunde von CDU, CSU, FDP und Grünen zu Ende gegangen. Es gebe nichts Neues, sagte FDP-Chef Christian Lindner am Freitagabend in Berlin.
In der nächsten Woche sollen nun die Schwerpunktthemen Haushalt, Steuern, Finanzen und Europa angegangen werden, wie CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte. Danach komme Klima, Umwelt, Energie, Bildung, Forschung und Digitales sowie das «große Thema» Flucht, Migration und Integration.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber zog eine gemischte Bilanz der ersten fünfstündigen Sondierung über ein Jamaika-Bündnis. Es habe Themen gegeben, wo ein großer Konsens, eine Übereinstimmung zu spüren gewesen sei, etwa bei der Entwicklungspolitik. Bei anderen Themen wie etwa bei Sicherheitsfragen sei aber noch viel zu tun.
Ähnlich argumentierte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Auf dem Weg nach Jamaika sei man kaum vorangekommen. Es seien vor allem die Vorstellungen der einzelnen Parteien vorgetragen worden, wie sie in den Wahlprogrammen stünden. Es habe keine vertiefte Diskussion gegeben. Über die Themen Finanzen und Haushalt müsse noch intensiv gesprochen werden.
Tauber sagte: «Wir sind heute mit gespannter Erwartung, mit viel gutem Willen und einer guten Portion gehörigem Respekt in dieses erste Gespräch mit allen gegangen.» Auf die Frage, ob vor allem zwischen Union und Grünen Unterschiede deutlich geworden seien, sagte Tauber, dieser Eindruck täusche. «Es gibt in unterschiedlichen Konstellationen da noch viele spannende Gespräche, die unser harren.» Steuern, Finanzen und Europa sollen am kommenden Dienstag – nach der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages – beraten werden.
Die Grünen machten in der Sondierungsrunde erste Fortschritte aus. Der Austausch sei eine «Generaldebatte» gewesen «mit einigen Geistesblitzen, mit ein paar dunklen Wolken, aber der Donner ist ausgeblieben», sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner.
Knapp vier Wochen nach der Bundestagswahl waren die Unterhändler unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorsichtig optimistisch in die erste Runde für ein sogenanntes Jamaika-Bündnis gestartet. Es sei guter Wille für weitere Gespräche spürbar, hieß es.
Die Runde wollte in einer Art Generalaussprache beraten. Die Generalsekretäre der vier Parteien hatten zwölf Themenblöcke aufgestellt, über die in den kommenden Wochen in unterschiedlicher Zusammensetzung beraten werden soll. Verhandelt wird in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft gegenüber vom Reichstag.
Merkel sagte kurz vor Beginn der Gespräche, in den Verhandlungen werde es «sicherlich eine Vielzahl von Differen geben», aber auch einen Willen, Gemeinsamkeiten zu finden. «Es gibt auf meiner Seite durchaus die Bereitschaft, kreativ auch nachzudenken.»
Merkel, gerade vom EU-Gipfel aus Brüssel zurück, sagte weiter, über allem müsse die Frage stehen: «Was erwarten die Menschen in diesem Land von uns?» Es müsse ausgelotet werden, ob Union, FDP und Grüne «eine Regierung bilden können, die das, was für dieses Land wichtig ist, für Arbeitsplätze, für Sicherheit im umfassenden Sinne, die das auch liefern kann». Merkel ergänzte: «Und jetzt heißt es: Ran an die Arbeit.»
CSU-Chef Horst Seehofer sagte, er sei «richtig froh, dass es jetzt richtig losgeht». Seine Partei wolle eine stabile Regierung für Deutschland. Es müssten ehrliche und präzise Vereinbarungen getroffen werden, zudem solle zügig verhandelt werden. «Sorgfalt und Zügigkeit schließen sich nicht aus.»
Die FDP gehe ergebnisoffen in die Sondierungsgespräche, sagte Lindner vor Beginn der Runde. Seine Partei sei nicht darauf festgelegt, ein Regierungsbündnis zu bilden. Aber «wir freuen uns, dass es jetzt los geht mit den Sondierungen dieser Kleeblattkonstellation». Ein «vierblättriges Kleeblatt könnte ein Glücksfall für Deutschland sein, ist ja allerdings sehr selten wie sie wissen».
CDU, CSU, FDP und Grüne teilten am Freitag bereits die Termine von fünf weiteren Sondierungsrunden mit. Demnach wollen sich die Unterhändler am 24., 26. und 30. Oktober treffen sowie am 1. und 2. November. Nach Erwartung der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner werden Union, FDP und Grüne bis zum 17. oder 18. November ein sogenanntes Sondierungspapier mit ersten Ergebnissen erstellen.
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- Sondierungsgespräche: dpa