Mit Lewandowski und Neuer: Bayerns «Endspiel» gegen Real

Bayern-Stürmer Robert Lewandowski nimmt am Abschlusstraining in München teil. Foto: Sven Hoppe

von CHRISTIAN KUNZ & MANUEL SCHWARZ

München – Mit vollem Risiko ins vorgezogene Finale: Trotz riesiger Sorge um den unersetzbaren Robert Lewandowski und einem kniffligen Kaltstart für Welttorhüter Manuel Neuer will der FC Bayern das Königsklassen-Spektakel gegen Real Madrid meistern.

Drei Jahre nach dem Halbfinal-Alptraum soll der Titelverteidiger um Superstar Cristiano Ronaldo diesmal im Viertelfinale nicht wieder die Endstation für die Münchner sein. «Das ist das Topspiel der Champions League, das ist ein Endspiel», erklärte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vor dem großen Showdown. «Wir spielen gegen die wahrscheinlich aktuell beste Mannschaft der Welt.»

Ausgerechnet Real-Schreck Lewandowski, der mit Dortmund im Halbfinale 2013 beim 4:1 alle vier Tore gegen Madrid erzielt hatte, droht nach seiner Schulterprellung aus dem BVB-Spiel auszufallen. Trotz Schmerzen will der 28-Jährige unbedingt gegen die Königlichen dabei sein. Beim Abschlusstraining, als er zumindest beim Aufwärmen auf dem Platz stand, versuchte er die lädierte Schulter so gut wie möglich zu schonen. Ob es für das Hinspiel am Mittwoch (20.45 Uhr) in München reicht, ist offen.

Trainer Carlo Ancelotti braucht Lewandowski unbedingt, denn mit 46 Treffern in 45 Spielen für Club und Nationalteam in diesem Jahr machte sich die Tormaschine einmal mehr unverzichtbar. Zwar meldete sich der zuletzt ebenfalls verletzte Weltmeister Thomas Müller «voller Selbstvertrauen» für ein «Riesenspiel» zurück. Doch allein schon wegen der geplanten Rückkehr von Neuer zwei Wochen nach einer Operation am Fuß würde ein Müller-Einsatz das ohnehin schon große Risiko weiter erhöhen.

Mia-san-Mia-Trainer Ancelotti bleibt aber auch in dieser kniffligen Situation cool. Der Champions-League-Spezialist soll sich als großer Bayern-Trumpf erweisen. Drei Jahre nachdem er selbst mit dem 4:0 seines Real-Ensembles für eine der schwärzesten und schmerzhaftesten Europapokal-Nächte in der glorreichen Münchner Club-Historie gesorgt hatte, sollen seine Coaching-Künste nun den deutschen Fußball-Rekordmeister triumphieren lassen.

«Für Carlo werden es zwei sehr emotionale Abende, Wechselbäder der Gefühle», prophezeite Rummenigge. Der 57 Jahre alte Starcoach, der mit Madrid 2014 die sagenumwobene Decima, den zehnten Triumph unter Europas Besten, feierte und ein Jahr später gehen musste, muss auch ein kleines Stück seiner eigenen Trainergeschichte besiegen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil er den früheren Weltfußballer und heutigen Real-Coach Zinedine Zidane zum Assistenten in Madrid beförderte.

In der Festung Allianz Arena, in der die Münchner seit dem Real-Debakel 16 Spiele nacheinander in Europas Eliteliga gewannen, soll der Grundstein für das sechste Halbfinale in Serie gelegt werden. Ein Sieg muss her, «idealerweise ohne Gegentor», sagte Rummenigge. Doch die Weltstar-Ansammlung aus Spaniens Hauptstadt erzielte in 52 Pflichtspielen am Stück immer ein Tor. In der laufenden Königsklassen-Saison traf Lewandowski (7) aber weitaus besser aus Karim Benzema (5), Ronaldo und Gareth Bale (je 2).

Zur größten Not muss es sechs Tage vor dem Rückspiel ohne den immer wieder von Real umworbenen Lewandowski gehen, der im Halbfinale 2015 gegen Barcelona schon einmal nach einem Nasenbeinbruch mit einer Spezialmaske volles Risiko ging. Bayern schied damals aus. «Wir müssen fokussiert bleiben, auf unser Spiel, auf unsere Taktik», sagte Ancelotti, der seine Wunschformation schon in der Abwehr nach dem Aus von Mats Hummels umbauen muss. Javi Martínez soll nun neben Jérôme Boateng hinten den Laden gegen den weltberühmten BBC-Sturm zusammenhalten. «Wir dürfen nicht blind nach vorne laufen», warnte der gelb-vorbelastete Boateng in Erinnerung an das 0:4.

Bei diesem Debakel am 29. April 2014 standen Neuer, Lahm, Boateng, Alaba, Robben, Müller und Ribéry aus dem heutigen Team in der Startelf. Auch Reals Stratege Toni Kroos, der mittlerweile wie Bayerns Routinier Xabi Alonso die Seite gewechselt hat, war damals aufseiten der gedütigten Verlierer dabei. Jetzt will er die Revanche verhindern, wenngleich gerade er um die Münchner Stärke weiß. «Bayern und Ancelotti – diese Kombination ist gefährlich», betonte Kroos. Sein Team ist – anders als die zweimal bezwungenen Münchner – im laufenden Wettbewerb ungeschlagen, hat aber Abwehrsorgen.

Je fünfmal setzten sich beide Weltvereine in den K.o.-Duellen durch, Bayern feierte 2012 auf dem Weg ins «Finale dahoam» einen Sieg im Elfmeterkrimi. Der Held damals: Manuel Neuer. Nicht nur deshalb wäre es für Bayern wichtig, dass der Torhüter, der das Abschlusstraining getrennt von den Kollegen startete, wieder zurückkehrt. «Auch wir Verantwortlichen sind genauso nervös vor diesem Knaller, wie jeder, dem der FC Bayern am Herzen liegt», gestand Präsident Uli Hoeneß.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

FC Bayern München: Neuer – Lahm, Martínez, Boateng, Alaba – Xabi Alonso, Vidal – Robben, Thiago, Ribéry – Lewandowski

Real Madrid: Navas – Carvajal, Nacho, Ramos, Marcelo – Casemiro, Modric, Kroos – Bale, Benzema, Ronaldo

Schiedsrichter: Rizzoli (Italien)

Bildquelle:

  • Robert Lewandowski: dpa

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