Von JONAS-ERIK SCHMIDT
Nümbrecht – Kompliziert waren die Zeiten auch in den 70ern schon. Die Ölkrise, der Rücktritt von Willy Brandt, der RAF-Terror. Es war das Jahrzehnt, in dem Chris Roberts seine größten Erfolge hatte.
Braungebrannt und akkurat geföhnt lächelte er in die Kameras der «ZDF-Hitparade», das Mikrofon mit meterlangem Kabel in der Hand. Und vor dem Fernseher wollten Tausende Mädchen am liebsten in die Röhre kriechen. Chris Roberts war die Definition eines Mädchenschwarms, lange bevor der Name Justin Bieber irgendeine Bedeutung hatte. Das lag auch daran, dass es in seinen großen Liedern fast immer um Liebe und Sehnsucht ging und nie, nie, nie um Politik.
Nun ist Chris Roberts mit 73 Jahren gestorben und mit ihm einer dieser letzten Großen der Heile-Welt-Fraktion des deutschen Schlagers – Roy Black («Ganz in Weiß») und Rex Gildo («Fiesta Mexicana») gingen schon viel früher. Vielleicht ist das Wehklagen über Roberts‘ Tod deshalb gerade auch so hörbar. Auf Twitter erinnern sich nun viele wieder an jemanden, der ein Teil der Kindheit war. Damals, als man im Schlafanzug vor dem Fernseher saß und wartete, bis Dieter Thomas Heck die Hitparade im «Zett-Dee-Eff!» anmoderierte.
Roberts war ein Star. Er verkaufte rund elf Millionen Schallplatten und spielte in mehreren Komödien wie «Wenn die tollen Tanten kommen» (1970) mit. Die Hits des singenden Ingenieurs hießen «Ich bin verliebt in die Liebe» (1970), «Hab ich Dir heute schon gesagt, dass ich Dich liebe» (1971) und «Ich mach ein glückliches Mädchen aus dir» (1974). Und natürlich «Du kannst nicht immer 17 sein» (1974), sein nachhaltigster Erfolg, komponiert von Ralph Siegel. Roberts versprach seiner schmachtenden Hörerschaft darin: «Einmal, da wirst du 70 sein, dann bin ich noch bei dir».
Musikalisch wurde es nach den goldenen 70ern allerdings zunehmend ruhiger um ihn. Der Zeitgeist veränderte sich, in den 80ern kam die Neue Deutsche Welle, die mit bedächtigem Schmalz-Schlager wenig anfangen konnte. Und auch schon vorher waren Roberts und Kollegen ja nicht überall beliebt gewesen. Wer Rock mochte, nahm sie bestenfalls zur Kenntnis. Ihre komplett unpolitische Musik galt dort als stockkonservatives Rollback. Auch in Roberts‘ Filmografie finden sich irgendwann nur noch sporadische Einträge. 1983 spielte er in der Klamotte «Sunshine Reggae auf Ibiza» mit, die mit Karl Dall und allerhand barbusigen Frauen aufwartete.
Die mitunter komplizierte Biografie, die sich hinter diesen Auftritten verbarg, wird nun auch erst mit seinem Tod wieder zum Thema. Geboren wurde Roberts, der eigentlich Christian Klusacek hieß, in München. Seine Eltern, eine deutsche Mutter und ein jugoslawischer Vater, durften in Nazi-Deutschland nicht heiraten. In seiner Geburtsurkunde von 1944 stand daher «ungeklärte Staatsangehörigkeit». Erst im April 2017 erhielt Roberts nach Angaben seines Managements einen deutschen Pass. Zuletzt lebte er in Nümbrecht in Nordrhein-Westfalen.
Vor einigen Jahr sprach Roberts mit dem «Kölner Stadt-Anzeiger» über seine Begegnungen mit Fans: «Die Menschen sagen, wenn es mir schlecht geht, lege ich deine Platten auf.» Das dürfte sich auch mit seinem Tod nicht ändern. Die Zeiten sind ja wieder sehr kompliziert – und Helene Fischer wird es nicht alleine schaffen.
Bildquelle:
- Chris Roberts gestorben: dpa