LAS TEJEIAS/MIAMI – Nach heftigem Regen sind in Venezuela bei einem Erdrutsch mindestens 22 Menschen gestorben. Es werde nach mindestens 52 Vermissten gesucht, sagte die Vizepräsidentin des südamerikanischen Landes, Delcy Rodríguez, am Sonntag (Ortszeit) vor Journalisten am Unglücksort, der Stadt Las Tejerías. Der Wirbelsturm «Julia» habe am Samstag einen sogenannten Trog – ein Tiefdruckgebiet – verursacht und fünf kleinere Flüsse zum Überlaufen gebracht.
«Julia» hatte sich am Freitag über dem Karibischen Meer vor Kolumbien gebildet und war in der Nacht zum Sonntag (Ortszeit) als Hurrikan der niedrigsten Kategorie 1 von 5 an Nicaraguas Karibikküste auf Land getroffen. Es gab am Sonntag Überschwemmungen in mehreren Ländern Mittelamerikas.
Sturzfluten und Erdrutsche in ganz Mittelamerika möglich
«Julia» zog Richtung Westen über Nicaragua, schwächte dabei ab und wurde zu einem Tropensturm herabgestuft. Voraussichtlich am Abend werde der Sturm Nicaraguas Pazifikküste erreichen, hieß es vom NHC. Dieses warnte, dass bis Dienstag lebensbedrohliche Sturzfluten und Erdrutsche in ganz Mittelamerika und dem Süden Mexikos möglich seien. Der Vorhersage nach sollte «Julia» in der Nacht und am Montag entlang oder nahe der Pazifikküsten von Honduras, El Salvador und Guatemala weiterziehen.
Las Tejerías hat gut 50.000 Einwohner und liegt rund 50 Kilometer südwestlich der venezolanischen Hauptstadt Caracas sowie etwa 70 Kilometer südlich der Karibikküste. Bilder zeigten, dass Schlamm große Teile des Ortes bedeckte, Baumstämme lagen zwischen Trümmern auf dem Boden. Unter den Toten seien Kinder, sagte Rodríguez, wie im Fernsehen zu sehen war. Die Tragödie sei eine Folge der Klimakrise. Staatspräsident Nicolás Maduro schrieb auf Twitter, er habe drei Tage Staatstrauer angeordnet.
In El Salvador wurde ein landesweiter Notstand ausgerufen, die Schulen sollten dort wie auch in Honduras am Montag geschlossen bleiben. In Honduras wurden mehrere Flughäfen für kommerzielle Flüge geschlossen. Nach Angaben des Katastrophenschutzes in Nicaragua standen mehr als 800 Häuser in dem mittelamerikanischen Staat unter Wasser, rund 13.000 Menschen seien evakuiert worden. Auf der kolumbianischen Insel San Andrés, an der «Julia» kurz vor Nicaragua nah vorbeigezogen war, fielen die Schäden nach einem Tweet des Katastrophenschutzchefs, Javier Pava, wegen guter Vorbereitungen mit 101 beschädigten und zwei zerstörten Häusern leicht aus.
Klimawandel macht starke Stürme wahrscheinlicher
Nur gut zwei Wochen zuvor hatte tagelanger Regen in Mittelamerika Erdrutsche und Überschwemmungen verursacht, durch die in Honduras und El Salvador insgesamt mindestens 20 Menschen ums Leben kamen. Im Jahr 2020 hatten die verheerenden Hurrikans «Eta» und «Iota» die Region mit etwa 50 Millionen Einwohnern heimgesucht. Mindestens 250 Menschen starben, Teile Mittelamerikas standen wochenlang unter Wasser.
Die Hurrikansaison im Atlantik dauert von Juni bis November. In den vergangenen Wochen richteten die beiden starken Hurrikans «Fiona» und «Ian» in Teilen der Karibik sowie Nordamerikas große Zerstörung an.
Tropische Wirbelstürme entstehen über warmem Ozeanwasser. Aufgrund des Klimawandels erhöht sich zwar nicht deren Anzahl, wohl aber die Wahrscheinlichkeit starker Stürme.
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- Überschwemmungen in Venezuela: dpa