Liebe Leserinnen und Leser,
der Revolutionär schwimmt im Volk, wie ein Fisch im Wasser. Ist nicht von mir, aber trotzdem brillant.
Der Satz stammt vom einstigen chinesischen Revolutionsführer Mao Tsetunk (manche schreiben Zedong) und ist genial, weil er das oberste Grundprinzip von Veränderungen in einer Masse Mensch – im Normalfall „das Volk“ – treffend beschreibt. Mittendrin statt nur dabei, Teil der Gemeinschaft sein. Damit beginnen Veränderungen.
Selbst in Unrechtsregimen bemühen sich Herrscher, wenn sie halbwegs bei Verstand sind, um die Herzen und die Köpfe ihrer Regierten. In demokratischen Gesellschaften geht es ohne das überhaupt nicht.
Lassen Sie mich vorab noch einmal in Erinnerung rufen, dass ich seit ihrer Gründung 2013 stets versucht habe, die AfD fair, unvoreingenommen und als eine ganz normale bürgerlich-konservative Partei zu behandeln in meinen zahlreichen Beiträgen hier, aber auch anderswo – Focus, Tagespost u.s.w.. Selbst die einstige „Professorenpartei“ vermochte am Anfang im Volke zu schwimmen, wie ein Fisch im Wasser, weil die Themen und die Richtung stimmten. Aber eine Nur-Dagegen-Partei braucht kein Mensch.
Die Leute erwarten, Politiker zu treffen, die nicht nur an ihren Wählerstimmen interessiert sind, sondern die auch wissen, was los ist im Volk, wie die Leute ticken. Und von diesem Weg ist die AfD zuletzt mit ihrer Russland-Politik leider geraten. Bei der Migration und bei Covid-19 war die Partei die laute Stimme gegen den grassierenden Irrsinn. Der unbeugame Fels in der Brandung, der einer großen Allparteien-Koalition, die sie mit unfairen Methoden mundtot machen will, im Bundestag mutig entgegentrat.
Aber dieses jetzt gegen jeden Verstand unbedingt dagegen sein zu müssen, das ist der direkte Weg in die Erfolglosigkeit und damit mittelfristig ins Aus. O.k., wie bei jedem Thema kann man nicht von „der AfD“ sprechen, denn zunehmend gibt es eine Ost- und eine West-AfD, wo für einen Außenstehenden wie mich kaum noch erkennbar ist, wie das auf Dauer funktionieren soll. Ist aber auch nicht mein Problem. Ihr schafft das.
Im aktuellen Politbarometer des ZDF, das gern auch von dieser Partei zitiert wird, wenn die AfD gerade bei 15% liegt, aber bei anderen Umfrageergebnissen natürlich ein Lügeninstitut ist, das wahrscheinlich Gates gehört, gibt es eine interessante Frage: Ob nämlich die Deutschen trotz der hohen Energiepreise die Ukraine weiterhin unterstützen wollen. Und – wenig überraschend – unterstützen 70 Prozent das, und beachtliche 22 Prozent wollen nicht mehr unterstützen. So weit erwartbare Ergebnisse. Spannend wird es, wenn nach der Parteipräferenz bei diesem Thema gefragt wird. 83 Prozent der SPD-Anhänger unterstützen, 76% bei der Union, 95% der Grünen, 69 Prozent der Liberalen und sogar 45% der früheren SED unterstützen. Nur bei der AfD sind es sage und schreibe mickrige 14 Prozent. Das ist ein Bruch, oder? Das ist signifikant.
Oder nehmen Sie die Entscheidung im Bundestag über das „Sondervermögen Bundeswehr“ über 100 Milliarden Euro, das die Bundeswehr bei der Ausrüstung wieder zu einer richtigen Armee machen wird. Kaputtgespart, ideologisch ausgehölt von überforderten CDU-Verteidigungsministerinnen und jetzt von einer total überforderten SPD-Verteidigungsministerin. Die AfD hat das über Jahre zu recht massiv kritisiert und immer wieder gefordert, die Bundeswehr endlich vernünftig auszurüsten. Und jetzt machen die das endlich, endlich, endlich – und zack, die AfD stimmt – ebenso wie die SED – mit Nein. Mit NEIN! Ich habe zweimal hingeschaut, weil ich dachte, ich hätte mich verlesen. Aber es ist wahr.
Das ist signifikant, und wenn außer denen, die jetzt „Fake“ rufen und zurück in ihre wohlfühlige Blase krabbeln, alle mal kurz überlegen: Warum ist das so?
Ich meine, den braven Parteisoldaten, der ich früher auch mal bei der CDU war, beeindruckt das so wenig, wie Erich Honecker 1989 die Lichterketten um Ost-Berliner Kirchen beeindruckt haben. Aber warum bewegt sich die AfD neuerdings so weit weg „vom Volk“ in solchen Fragen? Ich meine, wenn „WIR“ doch alle Deutschland sind, was ist da los, warum das unbedingte Dagegensein um jeden Preis?
Nehmen wir ein anderes Beispiel. Wie die meisten Deutschen, und ich auch, freut sich nach meiner Wahrnehmung die große Mehrheit der AfD-Anhänger über den zivilen Ungehorsam überall im Land, wenn es um „Layla“ im Bierzelt geht. Da lässt man sich das Singen nicht verbieten, oder? Aber als ich vorhin einen Artikel aus TheGermanZ auf Facebook gepostet habe über Fans, die ein Nobelhotel in Düsseldorf belagern, wo der US-Superstar Lady Gaga übernachtet, der nachher mit Zehntausenden ausflippenden Jugendlichen eine Riesenparty im Stadion feiern wird, geht das abgewanzte Genörgel gleich wieder los. Ob denn in der Krise sowas sein müsse, und die doofen Amis und die doofe Popkultur. Bestimmt alle einen Chip von Gates im Kopf.
Also zusammengefasst: Begeisterte Jugendliche, die feiern, wenn es politisch liebsam ist, prima. Und begeisterte Jugendliche, die feiern, trotz der Missmut in unserer Blase, die lehnen wir ab, oder was?
Warum könnt Ihr nicht einfach den jungen Leuten ihren Spaß lassen, auch wenn es nicht Eure Musik ist, auch wenn ihr Amerika nicht mögt? Rock am Ring, Parookaville, Ed Sheeran, jetzt Lady Gaga. Nach Corona und Ausgangssperre, jetzt bei steigenden Kosten und Kriegsangst – lasst die Leute doch mal ein wenig durchatmen und abfeiern! Wer weiß, was der Herbst und der Winter bringen? Lady Gaga ist nicht meine Musik, aber sie ist ein Weltstar, wer das nicht begreift, dem empfehle ich ihren Auftritt beim 51. Superbowl hier
Ja, es gibt große Probleme, aber dieses dauernde Nörgeln und Miesmachen und Schlechtreden aller Dinge, die außerhalb des eigenen Erfahrungshorizonts stattfinden, nervt nur noch. Und Sie können denken: Kelles Problem. Ja, stimmt.
Aber wer nur noch als Spaßbremse und Nörgler auftritt, während (fast) alle anderen auch mal rausgehen, tanzen, Ferien machen wollen, der muss sich nicht wundern, wenn er als seltsamer Außenseiter wahrgenommen wird. Und wer das konsequent macht, den wählt auch irgendwann niemand mehr. Wenn unsere jungen Leute feiern gehen in dieser Zeit, dann ist das gut. Punkt.
Mit herzlichen Grüßen,
Ihr Klaus Kelle