Nach Erkenntnissen des Gremiums kamen die gewalttätigen Angreifer Pence damals überraschend nahe: Als der Secret Service den Vizepräsidenten in Sicherheit gebracht habe, hätten zeitweise nur etwa zwölf Meter zwischen ihm und den Randalierern gelegen.
Jacob, der Pence damals begleitete, sagte, sein Chef sei entschlossen gewesen, die begonnene Zertifizierung des Wahlergebnisses abzuschließen. Er habe es als «verfassungsmäßige Pflicht» gesehen, dies zu Ende zu bringen. Pence habe daher über Stunden an einem sicheren Ort auf dem Kapitol-Gelände ausgeharrt, um von dort aus später in den Senatssaal zurückzukehren. «Der Vizepräsident wollte auf keinen Fall riskieren, dass die Welt sieht, wie der Vizepräsident der Vereinigten Staaten aus dem US-Kapitol flieht», sagte er.
Ausschuss: Trump fragte nicht nach Pence Sicherheit
Auf die Frage, ob Trump zu irgendeinem Zeitpunkt bei Pence angerufen habe, um zu fragen, ob er in Sicherheit sei, sagte Jacob: «Das tat er nicht.» Pence habe das «frustriert».
In Videoausschnitten von vorher aufgezeichneter Befragungen beschrieben mehrere Zeugen außerdem ein höchst angespanntes Telefonat zwischen Trump und Pence am Morgen jenes Tages, bei dem der damalige Präsident mehrere Schimpfwörter benutzt habe. «Das Gespräch war ziemlich hitzig», sagte etwa Trumps Tochter Ivanka. Ein damaliger Assistent Trumps, der wie Ivanka Trump und andere während des Telefonats mit dem Präsidenten im Oval Office war, sagte: «Ich habe das Wort ‚Lusche‘ gehört.» Eine andere Mitarbeiterin berichtete, Trump habe seinen Vize als «Schlappschwanz» bezeichnet.
Trump hatte damals während der Attacke auch einen Tweet verbreitet, in dem er sich offen beklagte, dass Pence nicht in seinem Sinne gehandelt habe. Eine damalige Mitarbeiterin der Pressestelle des Weißen Hauses sagte dazu: «Ich hatte das Gefühl, dass er mit diesem Tweet Öl ins Feuer gießt.»
Ohne Belege – Trump spricht weiter von Wahlbetrug
Bis heute behauptet Trump ohne Belege, er sei durch Wahlbetrug um den Sieg bei der Präsidentenwahl 2020 gebracht worden. Über Wochen versuchte er damals mit fragwürdigsten Methoden, unter anderem mit Dutzenden Klagen, Bidens Wahlsieg nachträglich zu kippen. Schließlich sah er Pence als seine letzte Chance, den Wahlausgang umzukehren.
Bei der Ausschusssitzung werteten Jacob und andere Berater sowohl von Pence als auch von Trump diese Versuche als abwegig und unrechtmäßig. Jacob sagte, eine Prüfung habe damals ergeben, dass es «keine vertretbare Grundlage für die Schlussfolgerung» gebe, dass der Vizepräsident die Befugnis habe, derartigen Einfluss zu nehmen. Der frühere konservative Richter Michael Luttig, der Pence in der Frage ebenfalls beraten hatte, sagte, wenn Pence dem Aufruf Trumps damals gefolgt wäre, dann hätte dies Amerika in eine «Revolution» und eine «Verfassungskrise» gestürzt. Der frühere Anwalt im Weißen Haus, Eric Herschmann, nannte Trumps Idee «völlig verrückt».
Trump greift Pence erneut an
Trump hat Pence daraufhin erneut öffentlich attackiert. «Mike hatte nicht den Mut, zu handeln», sagte Trump am Freitag in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee auf einer Veranstaltung einer ultra-konservativen religiösen Organisation. Pence habe am 6. Januar 2021 die Chance gehabt, «historisch» zu sein. «Aber Mike hatte Angst, wovor er auch immer Angst hatte.» Trump verunglimpfte den Ausschuss und seine Mitglieder erneut. Es handle sich um «Hochstapler». «Jeder von ihnen ist ein linksradikaler Hasser, der euch alle hasst», sagte Trump zu seinem Publikum.
Luttig mahnte, Trump und seine Anhänger seien weiter eine Gefahr für die US-Demokratie. Sie hätten bereits angekündigt, auch bei der Präsidentschaftswahl 2024 wieder zu versuchen, das Wahlergebnis zu kippen, falls es nicht nach ihren Wünschen ausfalle.
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- Ausschuss-Anhörung: dpa