KIEW – Finanzminister Christian Lindner hat der Ukraine bei seinem ersten Besuch in Kiew seit Kriegsbeginn die weitere Unterstützung der Bundesregierung zugesichert.
Deutschland werde weiter Schulter an Schulter an der Seite des angegriffenen Landes stehen, sagte der FDP-Chef am Morgen nach seiner Ankunft in der Hauptstadt. «Die Ukraine darf diesen Krieg nicht verlieren.» In der Ukraine würden die westlichen Werte verteidigt. «Hier geht es um die Zukunft der europäischen Friedens- und Freiheitsordnung.»
Klitschko spricht mit Lindner über weitere Hilfen
Lindner hat bei seinem Besuch den Bürgermeister der Dreimillionenstadt, Vitali Klitschko, zu Gesprächen getroffen. Dabei sei die weitere finanzielle Unterstützung der Ukraine und Kiews besprochen worden, teilt Klitschko bei Telegram mit. Thema seien auch die Lieferung von Flugabwehrsystemen und Waffen mit großer Reichweite gewesen. Klitschko habe darauf gedrängt, dass es dabei keine Verzögerungen geben dürfe.
Die Ukraine verteidigt sich seit dem 24. Februar 2022 gegen die russische Invasion und wird dabei von westlichen Verbündeten wie Deutschland unterstützt. Lindner sprach von bilateralen Gesamthilfen der Bundesregierung für die Ukraine und geflüchtete Menschen aus dem Land von 22 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch Milliardenhilfen für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung Geflüchteter aus der Ukraine. Die Militärhilfen beliefen sich auf mehr als 12 Milliarden Euro.
Lindner kam mit dem Zug in Kiew an. Vor ihm waren bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Minister in Kiew. Es sei ein besonderer und bewegender Moment für ihn, wieder in der Hauptstadt zu sein, die er zuletzt Anfang 2020 besucht habe. Dabei habe er ein Land kennengelernt, das sich entschieden habe für Demokratie und Marktwirtschaft. Er sei heute mehr denn je überzeugt, dass die Ukraine deshalb von Russland angegriffen worden sei.
Wieso besucht der Finanzminister die Ukraine?
Das Bundesfinanzministerium wolle das ukrainische Finanzministerium dabei unterstützen, wie das Land attraktiver werden könne für ausländische Direktinvestitionen und wie man die Verwaltung konkret unterstützen könne, sagte Lindner. Man wolle über sehr konkrete Fragen der Zusammenarbeit reden. Es gehe ihm aber auch – so weit wie dies möglich sei – darum, zu erfahren, wie der Alltag der Menschen während des schrecklichen Krieges sei. «Es ist immer ein anderer Eindruck, den man sich macht, wenn man selber vor Ort ist, als wenn man sich in Washington oder Brüssel oder Berlin in Sitzungsräumen trifft.»
Deutschland unterstützt die Ukraine nicht nur militärisch und humanitär, sondern auch finanziell. Seit 2022 hat Deutschland dem Land direkte finanzielle Hilfen in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, wie es im Finanzministerium hieß. Außerdem hatten Deutschland und andere Gläubiger im Juli 2022 angekündigt, der Ukraine einen Aufschub bei der Rückzahlung von Schulden zu geben.
Ein Schuldenmoratorium für die Ukraine war im März dieses Jahres bis 2027 verlängert worden. Der Zahlungsaufschub soll der Ukraine zusätzlichen Liquiditätsspielraum geben und ihre Staatsfunktionen erhalten, wie das Finanzministerium mitgeteilt hatte. Die Ukraine hatte zudem Finanzspritzen des Internationalen Währungsfonds erhalten. Deutschland hat der Ukraine Unterstützung auch beim Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur zugesagt.
Wird es weitere Waffenlieferungen geben?
Mit Blick auf die Waffenlieferungen läuft derzeit eine Debatte über eine mögliche Abgabe von Marschflugkörpern vom Typ Taurus. Kanzler Scholz hatte sich am Sonntag im ZDF zurückhaltend dazu geäußert. So wie in der Vergangenheit werde die Bundesregierung jede einzelne Entscheidung immer sehr sorgfältig überprüfen, sagte er.
Seit Beginn des Krieges wurden Kiew eigenen Angaben nach von den westlichen Verbündeten finanzielle, militärische und humanitäre Hilfen im Gegenwert von mehr als 170 Milliarden Euro bereitgestellt. Mehr als die Hälfte des ukrainischen Haushalts hängt von Finanzierungen aus dem Ausland ab.
Bildquelle:
- Bundesfinanzminister Lindner in Kiew: dpa