SPIELBERG – Charles Lerclerc stieg auf seinen Ferrari, zeigte die Faust und rannte in die Arme seiner Ferrari-Crew, Mick Schumacher stieß noch in seinem Wagen ein lautes «Yeah» hervor und lachte befreit auf.
Als Gewinner beim dritten Saisonsieg von Leclerc in Spielberg durfte sich der 23 Jahre Deutsche beim Großen Preis von Österreich ohne Zweifel fühlen. «Fantastisches Rennen, ich freue mich für dich und das Team», funkte Teamchef Günther Steiner an den Sechstplatzierten.
Vor einer Woche hatte Mick Schumacher als Achter in Silverstone erstmals Zählbares in der Formel 1 geholt. Zu den vier Punkten kamen nun acht weitere hinzu. «Wir haben einen Lauf», betonte Schumacher: «Wir sind rundum zufrieden mit dem heutigen Tag.» Noch lieber würde er allerdings ganz vorn mitkämpfen. «Aber darauf müssen wir noch ein bisschen warten.»
Leclerc: «Das habe ich definitiv gebraucht»
Als unschlagbar zum Leidwesen Zehntausender angereister Niederländer erwies sich aber Leclerc im Ferrari – und das trotz eines klemmenden Gaspedals in den letzten Runden. Der überglückliche WM-Herausforderer sprengte die Oranje-Party der Fans von Max Verstappen auf dem Red-Bull-Ring. «Das habe ich definitiv gebraucht», sagte Leclerc.
Dessen Scuderia-Teamkollege Carlos Sainz, triumphaler Gewinner von Großbritannien sieben Tage vorher, schied auf Podestkurs liegend aus. Nur mit Mühe konnte er sich aus dem rückwärts rollenden und brennenden Ferrari retten. Profiteur war auch Rekordweltmeister Lewis Hamilton, der es als Dritter durchaus überraschend auf das Podest in seinem Mercedes schaffte.
Verstappen im Klassement 38 Punkte vor Leclerc
Im Klassement büßte Spitzenreiter und Weltmeister Verstappen lediglich sechs Punkte ein. «Der zweite Platz ist aber ein gutes Ergebnis an einem schweren Tag», kommentierte der Niederländer. Sein Vorsprung auf den neuen Zweitplatzierten Leclerc beträgt 38 Zähler. Dritter ist Sergio Perez, der im zweiten Red Bull beim Heim-Grand-Prix des Rennstalls von Milliardär Dietrich Mateschitz ausschied.
Schon auf der Formationsrunde wehte orangefarbener Rauch entlang der nur 4,318 Kilometer langen Strecke. Die Stimmungsmacher aus den Niederlanden verwandelten das Grand-Prix-Wochenende in der Steiermark bereits seit Donnerstag in eine Nonstop-Party – allerdings auch mit äußert unschönen Nebengeräuschen. Berichten vor allem von weiblichen Fans zufolge kam es zu rassistischen, homophoben und sexistischen Beleidigungen, die Formel 1 schrieb von «völlig inakzeptablen Kommentaren».
Im Rennen mussten die Verstappen-Fans in ihren orangenen T-Shirts dann schnell zittern. In der zwölften Runde zwängte Leclerc zum ersten Mal vorbei. Zwei Runden später ließ sich Verstappen die harten Reifen aufziehen und fiel erstmal etwas zurück. Vorn machten Leclerc und Sainz Tempo. Der zweite Red Bull mit Perez dümpelte zunächst am Ende des Feldes nach einer Kollision zu Beginn mit George Russell. Der Mercedes-Fahrer bekam dafür auch noch eine Fünf-Sekunden-Strafe, wovon auch Mick Schumacher profitierte.
Unübersichtliches Renngeschehen
Schnell wurde es etwas unübersichtlich auf der kurzen Strecke, nachdem ein Teil des Feldes neue Reifen hatte aufziehen lassen, andere nicht. Weil die Piloten für die Runde nur eine gute Minute brauchen, sammelten sich immer wieder kleinere Gruppen. Und auch darin behauptete sich Schumacher prächtig, passierte unter anderem den zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso im Alpine, danach seinen Teamkollegen Kevin Magnussen, der ihm tags zuvor nicht unbedingt geholfen hatte – zu allem Frust des Deutschen, dessen Kumpel Vettel seinen deprimierenden Tage in Österreich auch im Rennen nicht mehr retten konnte, zwischenzeitig mit Pierre Gaslys Alpha Tauri kollidierte und als 17. nur hinterherfuhr.
Ganz anders Leclerc, einst sein Teampartner zu gemeinsamen Ferrari-Zeiten. Der Monegasse beendete seine Frustwochen mit Pleiten, Pech und umstrittenen Entscheidungen der Teamleitung. 2019 gewann Leclerc zwei Rennen, 2020 gar keins, in diesem Jahr den Auftakt in Bahrain und am 10. April in Melbourne. Binnen weniger Runden schloss er nach seinem Reifenwechsel zu Verstappen auf, mühelos zog er vorbei.
Übersichtlicher wurde das Rennen allerdings nicht. Wegen des Verlassens der Strecke sammelten sich einige Piloten Verwarnungen und auch Zeitstrafen ein, nach 48 Runden war selbst Mick Schumacher auf Rang acht liegend schon überrundet worden. Als dann auch noch der Ferrari brannte, kam es in einem ereignisreichen und kurzweiligen Rennen noch zur virtuellen Safety-Car-Phase. Leclerc klagte nun über Probleme mit dem Gaspedal, brachte seinen Ferrari aber als Erster ins Ziel.
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- Charles Leclerc: dpa