MAGDEBURG – 1,8 Millionen Sachsen-Anhalter sollen heute über die Regierung der kommenden fünf Jahre entscheiden.
Die Abstimmung gilt als letzter Stimmungstest vor der Bundestagswahl am 26. September – und birgt politische Sprengkraft: Zwar kann Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) laut Umfragen damit rechnen, erneut eine Regierung bilden zu können. In einigen Befragungen sagten die Demoskopen aber ein Kopf-an-Kopf Rennen um den Wahlsieg mit der AfD voraus. Es wäre das erste Mal, dass die Partei stärkste Kraft in einem Parlament wird.
Sachsen-Anhalt wird seit fünf Jahren von Deutschlands erster Kenia-Koalition regiert, einem Bündnis aus CDU, SPD und Grünen. Der mögliche historische Triumph der AfD, die in Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet wird, hatte den Wahlkampf in den letzten Tagen dominiert. Haseloff dabei betonte stets, dass er mit der AfD nicht zusammenarbeiten werde.
Seitdem die AfD 2016 aus dem Stand 15 Direktmandate und 24,3 Prozent der Stimmen bekommen hatte, waren aus der CDU-Sachsen-Anhalt mehrmals Stimmen laut geworden, die eine engere Zusammenarbeit forderten. Auch bundesweit hatten die politischen Gegner der CDU zuletzt erneut ein ungeklärtes Verhältnis zum rechten Rand vorgeworfen, etwa wegen des Umgangs mit der Nominierung des umstrittenen ehemaligen Chefs des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen in Thüringen oder der Wahl des AfD-nahen CDU-Politiker Max Otte zum Vorgesetzten der sogenannten Werte-Union.
Die AfD hatte 2016 nicht nur den im Landtag vertretenen Parteien viele Stimmen abgenommen, sondern auch das eigene Lager und Gegner mobilisiert und so zu einer höheren Wahlbeteiligung beigetragen. Nach 51 Prozent 2011 hatten sich 2016 gut 61 Prozent der Wahlberechtigten an der Wahl beteiligt, 14 Prozent davon per Briefwahl. Wegen der Corona-Pandemie rechnet Landeswahlleiterin Christa Dieckmann mit einer höheren Briefwahl-Quote in diesem Jahr. Bis Ende Mai hatten schon 14 Prozent der Wahlberechtigten die Briefwahl beantragt, also mehr, als 2016 insgesamt per Brief wählten.
Die Spitzenkandidaten entschieden sich jedoch größtenteils für den klassischen Urnengang: Nur Grünen-Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann schickte ihren Stimmzettel bereits am Dienstag ab. Haseloff, AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner, und die Spitzenkandidatinnen Eva von Angern (Linke), Katja Pähle (SPD), Cornelia Lüddemann (Grüne) und Lydia Hüskens (FDP), die die Liberalen nach zehn Jahren zurück in den Landtag führen könnte, wollen am Sonntagvormittag in ihren Heimatwahlkreisen wählen gehen.
Am Nachmittag geht es für die Kandidaten dann in die Messe Magdeburg, wo wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr die zentrale Wahlveranstaltung stattfindet. Über 200 Kilometer Kabel wurden beim Aufbau der TV-Studios und Arbeitsplätze für die rund 400 akkreditierten Journalistinnen und Journalisten verlegt. Die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten sollen in der Messe ab kurz nach 18.00 Uhr die ersten Zahlen kommentieren.
Nach dem Interview-Marathon ab 18.00 Uhr wollen die Spitzenkandidaten dann am späteren Abend auf die Wahlpartys ihrer Parteien wechseln. Wegen der zuletzt deutlich gesunkenen Corona-Zahlen können die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer nun doch, wenigstens in begrenztem Rahmen und unter strengen Hygiene-Regeln feiern. Mit dem vorläufigen amtlichen Endergebnis rechnet Landeswahlleiterin Christa Dieckmann am frühen Montagmorgen.
Bildquelle:
- Sachsen-Anhalt vor der Landtagswahl: dpa