BERLIN – Angesichts der verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan wächst die Kritik am Umgang der Bundesregierung mit ihren dortigen einheimischen Helfern.
Bis zum Ende ihres Einsatzes im Land war vor allem die Bundeswehr auf Unterstützung sogenannter Ortskräfte angewiesen, die durch den Vormarsch der Taliban nun um ihr Leben und das ihrer Angehörigen fürchten. Der Regierung sei der «moralische Kompass völlig verloren gegangen», sagte der Vorsitzende des Patenschaftsnetzwerks Afghanischer Ortskräfte, Marcus Grotian, der «Süddeutschen Zeitung». Die selbst zu organisierenden Ausreiseverfahren zögen sich in die Länge.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Wolfgang Hellmich (SPD), sagte der Zeitung: «Was ist denn das für eine irrwitzige Vorstellung, dass sich die Familien auf den Weg machen, das Verfahren bewältigen und sich selbst die Flüge buchen? Wenn ich auf die Karte schaue, sehe ich, wie die Taliban die Städte einkesseln.» Das Verfahren sei zu bürokratisch. Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger sagte: «Die Bundesregierung hat dabei versagt, allen Ortskräften in Afghanistan umfassend, sicher und schnell zu helfen.»
Vor zweieinhalb Wochen hatte Kanzlerin Angela Merkel mehr Unterstützung für die Ortskräfte in Aussicht gestellt und unter anderem Charterflüge ins Gespräch gebracht, um Helfer mit ihren Familien auszufliegen. Dem Bericht zufolge haben nach Angaben des Innenministeriums bisher 471 Ortskräfte mit ihren Angehörigen fertige Reisedokumente, insgesamt 2851 Personen. Mit Stand Donnerstag sind 1796 nach Deutschland gekommen, davon 296 ehemalige Ortskräfte.
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- Bundeswehr in Afghanistan: dpa