Keine Mehrheit für Bolsonaros Wahlreform

Ein Militärkonvoi fährt vor dem Regierungspalast in Brasília vorbei. Im Hintergund (M) steht Präsident Jair Bolsonaro. Foto: Myke Sena/dpa

BRASILIA – Nur Stunden nach dem Scheitern seiner geplanten Wahlreform hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro erneut Zweifel am System der Stimmabgabe gesät und den Obersten Wahlgerichtshof des Landes kritisiert.

Von 450 Abgeordneten hätten 229 für die Reform gestimmt und nur 218 dagegen, sagte Bolsonaro zu Anhängern, wie die Zeitung «Folha de S. Paulo» am Mittwoch berichtete. «Es ist ein Zeichen dafür, dass die Hälfte nicht zu 100 Prozent an die reibungslose Arbeit des (Wahlgerichtshofs) TSE glaubt.» Die Gründe dafür meint der Staatschef zu kennen: «Sie glauben nicht, dass man dem Endergebnis (der Wahl) trauen kann.»

In der brasilianischen Abgeordnetenkammer war die von Bolsonaro befürwortete Wahlreform am Dienstagabend gescheitert, die mindestens 308 nötigen Ja-Stimmen kamen nicht zustande. Entscheidend dafür waren auch führende Mitglieder des «Centrão» – einer Ansammlung kleiner und kleinster Parteien, die sich häufig im Gegenzug für politische Unterstützung Ämter und Posten sichern. Bolsonaro hatte vergangene Woche einen Politiker des «Centrão» zum Stabschef ernannt.

Kern der gescheiterten Reform war eine Verfassungsänderung, die die Ergänzung der elektronischen Wahlmaschinen mit gedruckten Wahlscheinen vorsah. Das Wahlsystem in Brasilien – mit 210 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas – ist vollständig elektronisch.

Seit den Präsidentschaftswahlen 2018 hat Bolsonaro immer wieder Zweifel an der Verlässlichkeit des Wahlsystems geäußert. Wie der ehemalige US-Präsident Donald Trump warnt auch er vor einer möglichen Manipulation. Bolsonaro fordert, dass die Stimmabgabe auch auf einem Ausdruck festgehalten werden müsse, andernfalls werde er das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2022 möglicherweise nicht anerkennen. Erst am Montag hatte ein ranghoher US-Regierungsvertreter nach einem Ortsbesuch in Brasília betont, wie wichtig es sei, das Vertrauen in den Wahlprozess nicht zu untergraben, «zumal es bei früheren Wahlen keine Anzeichen für Betrug gab».

Bildquelle:

  • Militärkonvoi: dpa

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