Kiel/Hannover – Wegen eines unterbrochenen Funkkontakts zu einem Flugzeug im deutschen Luftraum ist am Freitagvormittag ein bundesweiter Voralarm ausgelöst worden. Mehrere Atomkraftwerke wurden bis auf die Notbesatzungen vorübergehend geräumt.
Abfangjäger der Luftwaffe stiegen auf und begleiteten das Flugzeug, bei dem es sich nach Informationen der Luftwaffe um eine Maschine der Fluglinie Air India gehandelt haben soll. Die Situation sei nach kurzer Zeit wieder unter Kontrolle gewesen, teilte das für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Energiewende-Ministerium in Kiel mit.
Der Alarm sei nach 22 Minuten wieder aufgehoben worden. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck twitterte um 11.34 Uhr: «Lage ist im Griff, Situation unter Kontrolle.»
Betroffen waren etwa die norddeutschen Atomkraftwerke Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel in Schleswig-Holstein sowie Grohnde, Lingen und Unterweser in Niedersachsen. Krümmel sei jedoch nicht geräumt worden, sondern die Mitarbeiter seien in Schutzräume gegangen.
Die Anlagen Brunsbüttel, Krümmel und Unterweser sind bereits seit längerem stillgelegt und die Werke in Brokdorf und Grohnde derzeit wegen einer Revision heruntergefahren. Auch für das hessische AKW Biblis gab es nach Angaben des dortigen Umweltministeriums «vorbereitende Maßnahmen». Es wurde allerdings nicht geräumt, wie ein Sprecher in Wiesbaden sagte.
Es habe sich um einen sogenannten Renegade-Voralarm gehandelt, erläuterte das Kieler Ministerium. Renegade-Fälle sind solche, in denen möglicherweise ein Luftfahrzeug aus terroristischen oder anderen Motiven als Waffe verwendet werden könnte.
Ausgelöst wurde der Alarm vom Nationalen Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum in der Gemeinde Uedem (Nordrhein-Westfalen). Es war 2003 eingerichtet worden, um den Luftraum vor solchen Bedrohungen zu schützen. Hintergrund sind die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA. Ein Sprecher der Bundespolizei sagte, solch ein Renegade-Voralarm sei «eher selten».
Dabei beginnt ein standardisiertes Verfahren. Die Betreiber der Atomanlagen haben aber einen Ermessensspielraum, wie konkret sie die Gefahr einschätzten. Wenn beispielsweise ein Flugzeug in Richtung London nach Norden abdrehe, dann müsse im Süden nicht unbedingt reagiert werden, hieß es aus Betreiberkreisen.
Nach Angaben der Luftwaffe war der Funkkontakt zu dem Flugzeug, das auf dem Weg nach London war, schon über Ungarn abgebrochen. Die Maschine sei von tschechischen Abfangjägern begleitet worden und beim Einfliegen in den deutschen Luftraum von zwei Eurofightern der Luftwaffe übernommen und dann bei Köln dann an belgische Kampfflugzeuge übergeben worden, sagte ein Sprecher. In solchen Fällen werde per Sichtkontakt überprüft, dass es keine ungewöhnliche Situation an Bord gibt.
Warum der Funkkontakt unterbrochen war, konnten die Deutsche Flugsicherung und die Luftsicherung nicht sagen. Es könne ein Bedienungsfehler der Besatzung oder eine technische Störung vorgelegen haben. Dies komme immer wieder mal vor. Die Fluglinie war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
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- AKW Brunsbüttel: dpa