von PROF. DR. PATRICK PETERS
BERLIN – In den vergangenen Wochen und Monaten gab es recht wenig zu feiern. Steigende Infektionszahlen, ein der weltberühmten deutschen Effizienz hohnlachender Start in die Impfkampagne, Irrungen und Wirrungen in der politischen Führung haben das erste Quartal des Jahres 2021 ziemlich unerfreulich, sogar frustrierend wirken lassen.
Aber mehr und mehr greift die Hoffnung um sich, dass sich der Sieg über die Pandemie in greifbarer Nähe befindet. So sagte beispielsweise EU-Industriekommissar Thierry Breton am Osterwochenende laut der Politikplattform „Politico.eu“ bei einem Besuch einer Produktionsstätte für Impfstoffzutaten in Frankreich, dass die Bevölkerung der EU bis Mitte Juli Covid-Herdenimmunität erreichen könnte. Und selbst der deutsche Oberpessimist Karl Lauterbach von der SPD, der vielen durch seine beinahe tägliche Medienpräsenz und seine Weltuntergangskommentare auf die Nerven geht, meint, dass es möglich ist, dass bis Juli über 60 Millionen Menschen in Deutschland erstgeimpft und so gegen schwere Krankheitsverläufe geschützt sind. Dafür müsste der Abstand zur Zweitimpfung bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna von sechs auf zwölf Wochen verlängert werden.
Parallel zeigen Wirtschaft und Verbraucher neuen Optimismus. Sie sind gewillt, die Krise hinter sich zu lassen und blicken hoffnungsfroh nach vorne. So zeigt das Beratungsunternehmen Sentix in seinem neuen Konjunkturindex für Deutschland einmal mehr deutliche Steigerungen. Der Index stieg auf plus 20,0 (März: plus 11,9) Punkte. Das ist der höchste Wert seit August 2018. Der Index der Lagebeurteilung zog auf plus 4,5 (minus 9,5) Punkte an. Mit dem elften Anstieg in Folge schaffte es der Lageindex nun, über das Vorkrisenniveau von Januar 2020 zu steigen. Der Index der Erwartungen verbesserte sich auf plus 36,8 (plus 35,8) Punkte.
Oder das Ifo-Institut: Die Münchner Forscher haben festgestellt, dass sich unter den deutschen Exporteuren große Zuversicht ausbreitet. Die Exporterwartungen der Industrie seien im März von 11,9 Punkten auf 24,9 Punkte gestiegen und damit auf den höchsten Wert seit Januar 2011. In fast allen Industriezweigen blicken die Betriebe demnach zuversichtlicher auf ihr Auslands-Geschäft. Das wird vor allem von einer starken Konjunktur in Asien und den USA getrieben. Apropos USA und Asien, allen voran China: Das sind wirklich die derzeitigen Zugpferde der Weltwirtschaft. Metzler Asset Management beispielsweise prognostiziert für die USA ein Wachstum von sechs bis 7,5 Prozent in diesem Jahr, für China sogar um acht Prozent.
Diese gute Entwicklung hilft natürlich dabei, die deutsche und europäische Wirtschaft aufzurichten, deren Leistung weniger stark wachsen soll. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert neuerdings für 2021 ein Plus von 4,4 Prozent in der Eurozone und 2022 von 3,8 Prozent. Besonders optimistische Forscher wie Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) gehen indes davon aus, dass die deutsche Wirtschaft dieses Jahr um knapp fünf Prozent wachsen und damit fast den ganzen Corona-Einbruch von 2020 wettmachen könne.
Auch wollen die Deutschen wieder shoppen. Der Wunsch nach Konsum steigt, meldet der Handelsverband HDE: Das HDE-Konsumbarometer für April kletterte auf 96,56 Punkte und notiert damit jetzt wieder auf dem Niveau vom vergangenen Herbst, also vor Beginn des zweiten Lockdowns. Insbesondere die Anschaffungsneigung der Konsumenten stieg gegenüber dem Vormonat spürbar an und notiert nun auf einem 13-Monats-Hoch. Zudem horten die Bundesbürger Rekordsummen auf ihren Bankkonten. Nach Zahlen der Bundesbank sind die Bankeinlagen der privaten Haushalte von Januar 2020 bis Januar 2021 um 182 Milliarden auf 1,73 Billionen Euro gestiegen. Zwar erwarten Experten ganz kurzfristig keinen Konsumboom, gehen aber unisono davon aus, dass Konsum wieder anzieht, wenn die Krise abklingt.
Bis dahin muss es gelingen, die zig Händler, Gastronomen, Hoteliers und Co., die (noch) nicht vom neuen Optimismus profitieren können, zu unterstützen. Die Politik darf diese Unternehmer und Unternehmen weiterhin nicht vergessen. Dann besteht die wirklich realistische Chance, viele Arbeitsplätze zu retten und trotz des Corona-Schocks die wirtschaftliche Basis annähernd vollständig intakt zu halten.
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