Juristischer Paukenschlag: TheGermanZ erstreitet Einstweilige Verfügung gegen Behinderungen durch Facebook

ARCHIV - Facebook scheitert beim Versuch, unliebsame Veröffentlichungen ohne Nachweis zu desavouieren. Foto: Fabian Sommer/dpa

HAMBURG/KARLSRUHE/DUBLIN – Einschreiben mit Rückschein: Die Europazentrale des globalen Netzwerks namens Facebook darf sich auf Post des Hamburger Rechtsanwalts Joachim Steinhöfel freuen. Für die Online-Tageszeitung TheGermanZ erstritt Steinhöfel vor der Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe auf dem Wege eines Eilantrages eine Einstweilige Verfügung gegen Facebook, die dem amerikanischen Unternehmen untersagt, weiterhin auf seiner Seite für das Medienunternehmen TheGermanZ Leser mit dem automatischen Hinweis zu irritieren, die Inhalte auf dieser Seite verstößen „möglicherweise“ gegen die „Gemeinschaftsstandards“ des Unternehmens.

Dies behauptet Facebook, das in den vergangenen Wochen bereits zwei Mal die Seiten des Mediums und des Chefredakteurs Klaus Kelle gesperrt hatte, ohne – damals wie jetzt – ein einziges konkretes Beispiel für einen derartigen Verstoß zu präsentieren. Wenn Facebook den automatisch aufploppenden Hinweis bei jedem Leser, der einen Beitrag dort „liked“, aufrecht erhält, drohen Facebook 250.000 Euro Ordnungsgeld und den Verantwortlichen für den Fall, dass „dies nicht beigetrieben werden kann“, zwischen sechs Monaten und zwei Jahren Ordnungshaft.

In einer nachgereichten ausführlichen Begründung stellt die Vorsitzende Richterin in Karlsruhe klar:

„Durch das Einblenden der Warnhinweise auf den Inhalten der Seiten der Antragstellerin (TheGermanZ) werden, ohne dass der sachliche Anlass hierfür ersichtlich ist, Zweifel am Inhalt der redaktionellen Angebote der Antragstellerin geweckt, wodurch deren Angebote herabgesetzt werden.“

Die Vorsitzende Richterin in ihrer Begründung weiter:

„Das Verhalten der Antragsgegnerin ist nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, da es gemäB § 4 Nr. 1 UWG unlauter ist, indem es die journalistischen Beiträge der Antragstellermn herabsetzt, denn der Bedenkenhinweis stellt sich aus der Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten als herabsetzend dar, weil er durch den Hinweis auf einen möglichen VerstoB gegen die Gemeinschaftsstandards der Antragsgegnerin impliziert, dass die Inhalte der journalistischen Beitrage als sogenannte ,,Hassrede” zu werten sind, die nach den Gemeinschaftsstandards der Antragsgegnerin untersagt sind.

Durch die Hinweise ist die Meinungsfreiheit, insbesondere die Pressefreiheit der Antragsstellerin beeinträchtigt (Art. 5 GG). Die Hinweise der Antragsgegnerin auf einen möglichen VerstoB gegen die Gemeinschaftsstandards der Antragsgegnerin sind als wertende MeinungsäuBerung anzusehen, da es sich insoweit nicht um einen Vorgang oder Zustand handelt, der dem Wahrheitsbeweis zugänglich ist, die Hinweise sich vielmehr der objektiven Feststellbarkeit entziehen.

Vielmehr 1st eine wertende Betrachtung erforderlich, ob die journalistischen Beiträge der Antragstellerin einen VerstoB gegen die Gemeinschaftsstandards beinhaften, was auch durch die Verwendung des Konjunktivs jedenfalls von der Antragsgegnern offengelassen wird.“

Zu Deutsch: Das Gericht kann nicht erkennen, dass die Inhalte auf der Facebook-Seite von TheGermanZ in irgendeiner Weise Anlass zur Beanstandung geben, von „Hassrede“ ganz zu schweigen. Unmissverständlich stellt das Gericht fest, dass Facebook „völlig offenlasst, weiche Tatsachenbehauptungen der gekennzeichneten journalistischen Beitrage der Antragstellerin gegen die Grundsätze der Gemeinschaftsstandards der Antragsgegnerin verstoßen könnten“. Das nennt man dann wohl Willkür.

Die journalistischen Beitrage der Tageszeitung TheGermanZ stünden unter dem grundsätzlichen Schutz der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes, welche durch die Hinweise verletzt würden, denn durch die nicht gerechtfertigte Herabsetzung gemaB § 4 Nr. 1 UWG ohne die entsprechenden zusätzlichen Hinweise auf tatsächliche VerstöBe gegen die Gemeinschaftsstandards stellten sich diese „als unzulässige Irrefuhrung dar“.

TheGermanZ-Chefredakteur Klaus Kelle und Geschäftsführer Thomas Dörflinger zeigten sich am Abend erleichtert durch den Richterspruch des Landgerichts Karlsruhe und dankten Rechtsanwalt Steinhöfel für seinen Einsatz und seine Expertise, wenn es um die Sozialen Netzwerke und die rechtlichen Interessen ihrer Nutzer geht. Kelle: „Aber wir sind jetzt auch nicht blauäugig. Dieses Urteil ist erst ein erster Schritt auf dem langen Weg, für unsere Zeitung und andere alternative Medien das uns zustehende Recht der freien Meinungsäußerung auch durchzusetzen.“

Bildquelle:

  • Facebook: dpa

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