Hochwasserkatastrophe: Der Wasserpegel sinkt, aber die Zahl der Toten steigt auf über 130

dpatopbilder - Bilder der Zerstörung: Die Wassermassen haben im Großraum Ahrweiler in Rheinland-Pfalz nicht nur Autos erfasst. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

DÜSSELDORF – An einigen Orten der verheerenden Flut geht das Wasser langsam zurück – aber die Zahl der Toten steigt und steigt. Und die Gefahr ist noch nicht vorbei.

Am Samstagmorgen werden allein aus dem Hochwasser-Hotspot Ahrweiler in Rheinland-Pfalz mehr als 90 Tote gemeldet. Es sei zu befürchten, dass noch weitere Todesopfer hinzukämen, teilt die Polizei mit. Die Behörde spricht von 618 Verletzten – auch diese Zahl könne sich aber erhöhen. Auch zwei Tage nach dem Unglück werden noch Menschen vermisst. Für das gesamte Bundesland hatte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD)zuletzt von 63 Menschen gesprochen, die bei den Überschwemmungen ums Leben kamen.

Mit den jüngsten Zahlen aus Rheinland-Pfalz steigt die Gesamtzahl der Todesopfer bei der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands auf mehr als 130. Aus dem ebenfalls schwer getroffenen Nordrhein-Westfalen waren zuletzt 43 Tote gemeldet worden.

Unter den Toten in Rheinland-Pfalz sind zwölf Bewohner einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung in Sinzig, an der Mündung der Ahr in den Rhein. «Das Wasser drang innerhalb einer Minute bis an die Decke des Erdgeschosses», sagte der Geschäftsführer des Landesverbands der Lebenshilfe Rheinland-Pfalz, Matthias Mandos. Die Nachtwache habe es noch geschafft, mehrere Bewohner in den ersten Stock des Wohnheims zu bringen. «Als er die nächsten holen wollte, kam er schon zu spät.»

Damm der Rur im Kreis Heinsberg gebrochen

Angespannt ist die Hochwasserlage nach wie vor im nordrhein-westfälischen Wassenberg im Kreis Heinsberg. Nach dem Bruch eines Damms der Rur wurde hier der Stadtteil Ophoven evakuiert. Laut Bezirksregierung sind von dieser Maßnahme 700 Anwohner betroffen. Für zwei weitere Stadtteile – Effeld und Steinkirchen – gab es in der Nacht eine Vorwarnung, dass es zur Evakuierung kommen könnte. Zuletzt sprach die Stadt allerdings von einem «stagnierenden Wasserpegel».

Die Rur hat ihre Quelle in der Eifel und mündet bei Roermond in den Niederlanden in die Maas. Laut WDR sieht Wassenbergs Bürgermeister Marcel Maurer (CDU) einen möglichen Grund für den Dammbruch auf niederländischer Seite: Dort seien Schleusenklappen geschlossen worden, so dass es zum Rückstau der Wassermassen gekommen sei.

In Rheinland-Pfalz hat sich die Hochwassergefahr laut Frühwarnprognose des Landesamts für Umwelt Rheinland-Pfalz zuletzt verringert. In vielen Ortschaften ist aber weiterhin das Strom- und Telefonnetz ausgefallen. Angehörige, Freunde oder Bekannte, die jemanden vermissen, können sich unter der Rufnummer 0800 6565651 bei der Polizei melden.

In der Nacht war die Polizei nach Angaben des Präsidiums mit vielen Einsatzkräften in den betroffenen Ortslagen im Einsatz. Durch das Unwetter seien viele Straßen im Ahrtal weiterhin gesperrt oder nicht mehr befahrbar. Der Zugverkehr ist in Rheinland-Pfalz wegen der Überflutungen weiterhin massiv beeinträchtigt.

Steinmeier besucht Hochwasser-Hotspot in NRW

Während Bundeskanzlerin Angela Merkel einen baldigen Besuch in der schwer verwüsteten Region in Rheinland-Pfalz plant, wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Samstag im Rhein-Erft-Kreis in Nordrhein-Westfalen erwartet. Nach Angaben des Bundespräsidialamtes besucht Steinmeier am Mittag zusammen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet Erftstadt, wo in den vergangenen Tagen zahlreiche Häuser und Autos weggespült worden waren. Er will sich in der Feuerwehrleitzentrale ein Bild von der aktuellen Lage machen und mit Rettungskräften sprechen.

Bis Freitagabend war noch offen, ob es in Erftstadt Todesopfer zu beklagen gibt. «Wir gehen von mehreren Toten aus, wissen es aber nicht», sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU).

Ministerpräsident Laschet sprach von einer «Flut-Katastrophe von historischem Ausmaß». Seine Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), nannte die Lage «weiterhin extrem angespannt in unserem Bundesland». Sie fügte in Trier hinzu: «Das Leid nimmt auch gar kein Ende.» Bei einer Videokonferenz mit Laschet hatte Merkel kurz- und langfristige Unterstützung durch den Bund für die betroffenen Menschen zugesichert.

Bildquelle:

  • Unwetter-Folgen in Rheinland-Pfalz: dpa

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren