von MARTIN D. WIND
BERLIN – Hasenpest! Das hat jetzt gerade noch gefehlt. Und gefährlich ist diese Seuche auch noch. Sie ist tödlich: für die Hasen, für andere Nagetiere, für andere Säugetiere und kann auch Menschen töten. Schaut man sich die Übertragungsmöglichkeiten an, kann einem das schiere Grauen packen: Erreger der Tularämie – wie die Hasenpest von Experten gerne genannt wird – findet man bevorzugt in Hasen, Kaninchen, Mäusen, Wühlmäusen oder auch Eichhörnchen. Sie befallen Fleischfresser, Wildwiederkäuer und Vögel und bei der Übertragung können sogar Stechmücken, Hirschfliegen und insbesondere Zecken eine Rolle spielen.
Diese Pest sucht uns nun gerade auch noch heim: im Jahr von Corona, vom Einsickern der Schweinepest aus den angrenzenden östlichen Ländern und im Jahr eines erneuten Auftretens der Geflügelpest. Immerhin handelt es sich bei dem Erreger nicht um ein Virus sondern um ein Bakterium. Das heißt, es ist ein Kraut dagegen gewachsen. Mit Antibiotikagabe ist eine Erkrankung recht gut in den Griff zu bekommen. Man muss aber sehr aufmerksam auf Symptome achten, denn diese ähneln – wer hätte es gedacht – denen einer Grippe: Man fiebert, bekommt Schüttelfrost, es geht den Erkrankten „schlecht“ und sie können unter Glieder- und Kopfschmerzen leiden.
Besonders schlimm: Das Einatmen des Erregers
Je nachdem, wo der Erreger in den Körper seines Opfers eingedrungen ist, kann es zu spezifischer Symptomatik kommen: An kleinen Verletzungen der Haut können nach Eindringen des Bakteriums Geschwüre entstehen, in den Augen kommt es zu einer Entzündung der Bindehaut, im Mund der Schleimhaut oder auch der Mandeln. Besonders schlimm trifft es Menschen, die die Erreger einatmen: Neben Husten, Übelkeit und Erbrechen beginnt die Brust zu schmerzen. Schweißausbrüche plagen viele Betroffene und es kann eine Lungenentzündung entstehen. Beschrieben wurde die Krankheitssymptomatik erstmals 1911 in Nordamerika, wo eine aggressivere Variante des Erregers vorkommt, der 1912 isoliert werden konnte. In Europa gelang ein erster Nachweis der Bakterien 1931.
Der Erreger ist so bösartig, dass er prompt das Interesse der Militärs und der Politik geweckt hat: Kaum war das Potential dieses Bakteriums näher bekannt, wurden entsprechende Trägerwaffen entwickelt, um die Krankheit flächendeckend zum Feind zu bringen. Angeblich soll es während des Zweiten Weltkriegs an der Ostfront in Russland Einsätze mit „Francisella tularensis“ – so die lateinische, fachwissenschaftliche Bezeichnung – als Bio-Waffe gegeben haben. Dem Bakterium kann mit herkömmlichen Desinfektionsmitteln oder aber auch mit Wärme zu Leibe gerückt werden. Das ist umso erstaunlicher, da in den vergangenen rund zehn Jahren ein deutlicher Anstieg der Tierinfektionszahlen und der Erkrankung von Menschen nachweisbar war – und das in Zeiten der Klimaerwärmung. Gegen Kälte scheint jedoch eine hohe Widerstandfähigkeit vorzuliegen: In tiefgefrorenem Hasenfleisch überdauert das Bakterium mehr als drei Jahre.
Eine deutliche Zunahme der Fälle
In der freien Natur kann das Bakterium – jetzt werden die Angaben leider unpräzise“ und schwanken wahrscheinlich je nach Umweltbedingungen – „mehrere Wochen“ „bis Monate“ unbeschadet überstehen. Wegen der Übertragungswege trat Tularämie vorwiegend bei Jägern, Landwirten, Metzgern, Tierärzten oder auch Köchen auf. Es gibt Literatur, die Erkrankung daher als „Berufskrankheit“ der genannten Gruppen bezeichnet. In den vergangenen Monaten hat sich das Auftreten des Erregers aber erkennbar gehäuft. Auch seine Verbreitung hat sich deutlich ausgeweitet. Waren bisher eher süddeutsche Kreise betroffen, so kann seit Ende 2020 eine Zunahme der Erkrankungen der Hasen und eine Verbreitung des Auftretens vermehrt auch in den Regionen nördlich des Mains, beispielsweise bis nach Nordrhein-Westfalen oder auch Niedersachsen nachgewiesen werden.
Sollte ihnen beim Coronaspaziergang ein Hase, ein Kaninchen oder ein erwachsenes Eichhörnchen durch die Sozialdistanz hoppeln, bemühen Sie sich „Land zu gewinnen“. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist das Tier erkrankt und hat dadurch seine Scheu verloren. Versuchen Sie nicht, diesem Tier zu helfen. Fangen Sie es nicht ein, vermeiden Sie jeden Kontakt. Melden Sie ihre Beobachtung – bei Hasen und Kaninchen – einem zuständigen Veterinäramt (dazu gibt es sogar eine Pflicht) oder auch dem jeweiligen Revierpächter. Das Gleiche gilt auch beim Totfund eines Hasen oder Kaninchens: Finger weg vom Kadaver! Und selbstverständlich gilt wie immer: In Wald und Flur gehören Hunde an die Leine. Das muss verantwortungsvollen Hundehaltern selbstverständlich nicht weiter erläutert werden – gerade jetzt in der Brut- und Setzzeit machen das ja eh alle.
Finger weg! Abstand halten!
Sollte Ihr Hund dennoch zufällig mal in Kontakt mit einem Hasenkadaver kommen oder ihn gar stolz mitbringen, raten Jagdverbände, den Hund nicht mehr anzufassen und ihn möglichst schnell zu reinigen. Zumindest sollten der Fang ordentlich aus- und die Pfoten gründlich abgewaschen werden. Die Erkrankung von Menschen ist übrigens auch meldepflichtig. Aber das wissen die Ärzte und kümmern sich.
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- Hase: pixabay