von THOMAS PAULWITZ
Anglizismen sind Bullshit. Das denken die meisten, handeln aber nicht danach. Oder schreibt man „händeln“? Wenn für uns der Coffee to go ein No-Go wäre, ließen wir ihn stehen und zögen ihm den Kaffee zum Mitnehmen vor. Wir lüden mobile Anwendungen herunter, statt Apps downzuloaden. Wir entspannten uns, statt zu chillen. Wir knipsten Selbstchen statt Selfies.
Und wir kanzelten den ab, der ein Meeting cancelt. Doch was soll man erwarten, wenn sich schon keiner beschwert, wenn die Canclerin den CDU-Parteitagsbeschluß zur doppelten Staatsbürgerschaft streicht? Im Grunde wollen doch viele einen sprachlichen Doppelpaß, weil die bunte Republik Dengland noch keine eigene Staatsbürgerschaft verleiht. Am Ende des Tages passen wir uns gescheiterten Einwanderern an: Dengländer sind in zwei Sprachen zu Hause, aber in keiner richtig. Wir fordern von Fremden die Anpassung an Leitkultur und Lifestyle in Deutschland, während uns an Jubeltagen kein anderes Geburtstagslied als „Happy Birthday“ einfällt. Damit verspielen wir unsere Credibility, weil wir uns unglaubwürdig machen.
Geben wir es zu: Die meisten von uns sind keine High Potentials, sondern Underperformer, wenn es um den Gebrauch der deutschen Sprache geht. Filme wie „Fack ju Göhte“ ziehen die Massen in die Lichtspielhäuser. Wir schauen „The Tonight Show Starring Jimmy Fallon“ auf dem neuen ARD-Sender „one“ und lesen deutschsprachige Magazine mit Titeln wie „The European“ oder „The GermanZ“. Wir essen Chicken Wings statt Hühnerflügeln und trinken Smoothies statt – ähm, Sanftsäften? –, am liebsten von einem Essenslieferanten serviert, den wir Caterer nennen. O mein Gott, Denglisch ist so cool: Es sollen sogar schon Menschen in die Saale gesprungen sein, weil sie sich dort ein Schnäppchen aus dem Schlußverkauf erhofften.
Dabei macht es durchaus Sinn, der deutschen Sprache Sinn zu geben. Ein hochentwickeltes Wording stärkt die Corporate Identity eines Volkes. Ohne eine ausdrucksstarke Sprache gibt es beim Brainstorming keine Geistesblitze. Ohne eine Sprache, die alle verstehen, sind Demokratie und Common Sense nicht zu erreichen. Ohne eine gute deutsche Sprache geht es nicht, liebe GermanZ!
Es führt kein Weg daran vorbei: Wir brauchen einen neuen Masterplan. Wir müssen uns zum Relaunch der deutschen Sprache committen. Wir brauchen kein Gender, sondern ein German Mainstreaming, und zwar ASAP!
Thomas Paulwitz ist Chefredakteur der viermal im Jahr erscheinenden Zeitschrift „Deutsche sprachwelt“.
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