Gefährliche Debatte: Die Einkommensteuer definiert keinen Reichtum

von DR. PATRICK PETERS

Eine aktuelle Erhebung zeigt, dass der deutsche Staat im Jahr 2013 fast 250 Milliarden Euro an Einkommensteuern eingenommen hat. Das ist eine gewaltige Zahl. Noch gewaltiger erscheint aber der Irrtum, der damit verbunden ist.

Doch der Reihe nach. Laut einer Statistik, die unter anderem die Wochenzeitung „Die Zeit“ verbreitet hat, zahlen 0,54 Prozent der Steuerpflichtigen in Deutschland fast 19 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens. 0,5 Prozent dieser Gruppe – das sind 222.256 Personen – verfügen über ein Jahreseinkommen von 250.000 bis eine Million Euro, 17.429 Menschen sind Einkommensmillionäre, die durchschnittlich 2,7 Millionen Euro im Jahr verdienen.

Daraus könnte man schnell ableiten, dass „die da oben“ über so viel Geld verfügen, dass sie gefälligst auch einen ungleich größeren Teil an die Gemeinschaft zurückgeben sollen. Dagegen spricht auch in der Sache überhaupt nichts, die Praxis zeigt, dass Gutverdiener durchaus Verständnis dafür haben, überproportional belastet zu werden. Steuerhinterziehung ist kein Konzept, da gerade Unternehmer darauf bedacht sind, den Standort Deutschland leistungsfähig zu halten (und den allermeisten Gutverdienern internationale steuerschonende Gestaltungsmöglichkeiten aufgrund fehlender Volumina ohnehin verschlossen bleiben).

Es spricht aber sehr wohl etwas dagegen, Bezieher eines Einkommens ab 250.000 Euro brutto als eine „reiche Minderheit“ zu bezeichnen, wie es die linksliberale „Zeit“ tut. Freilich, bittere Armut sieht anders aus, und nur die wenigsten schaffen es, sich ein solches privilegiertes Einkommen zu erarbeiten. Aber Reichtum? Der sieht anders aus. Nehmen wir das Beispiel eines selbstständigen Rechtsanwalts, Steuerberaters oder PR-Beraters in einer Stadt wie München. Sicherlich ist es ihm möglich, über ein genanntes Jahreseinkommen zu verfügen. Aber wie kann sich dieser Unternehmer „reich“ fühlen, wenn er einen durchschnittlichen Mietzins pro Quadratmeter von fast 20 Euro zahlt und der durchschnittliche Kaufpreis für eine Immobilie in München bei rund 7450 Euro pro Quadratmeter liegt? Der Steuersatz in dieser Einkommensklasse liegt regelmäßig bei 45 Prozent („Reichensteuer“), dazu kommen die Beiträge zur (privaten) Krankenversicherung und die notwendige private Altersvorsorge. Damit sind durchschnittlich bereits 60 Prozent des Brutto-Einkommens aufgebraucht, ohne einen Cent in Lebenshaltung, Miete/Kredite, Kinder etc. investiert zu haben.

Jetzt muss man sich ernsthaft fragen, wo bei dieser Einkommensgruppe der vermeintliche Reichtum abgeblieben ist. Sicherlich muss niemand um die nächste warme Mahlzeit fürchten, der 260.000 Euro brutto im Jahr verdient. Aber Ferrari, Villa am Mittelmeer und andere Symbole von „Reichtum“ sind da längst nicht drin.

Deshalb ist es schädlich, Reichtum schon bei diesen Schwellwerten anzusetzen. Es erweckt auf der einen Seite ein völlig falsches Bild davon, was Reichtum wirklich ist (nämlich die Fähigkeit, erwerbsunabhängig auf einem hohen Niveau zu leben). Und es sorgt auf der anderen Seite für eine überflüssige und gefährliche Neiddebatte, die die Realität völlig verkennt.

Bildquelle:

  • Münzen: pixabay

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