Frühstück mit meinem Onkel (94): Reden über eine bessere Welt und David Guetta

Liebe Leserinnen und Leser,

„….what a wonderful world…“, Sie alle kennen den späteren Welthit des amerikanischen Jazz-Giganten Louis Armstrong, den er am 11. Oktober 1968 als Single-Schallplatte präsentierte. (Liebe Kinder, Schallplatte ist voll retro, ihr könnt Euch nicht vorstellen, woraus man einst die Musik presste, die Eure Eltern hörten.)

Armstrong singt in dem Lied von einer heilen Welt, von grünen Bäumen, dem blauem Himmel und weißen Wolken. Und von krähenden Babies, denen er beim Aufwachsen zusieht. Schön, oder? Wer wollte das nicht, in einer friedlichen und harmonischen Welt leben, so ganz anders als unsere Welt tatsächlich ist? Wir leben in einer Welt voller Probleme, wo Kinder verhungern, wo machtgeile Politeliten Milliardenbeträge ihrer Untertanen beiseiteschaffen und auf Offshore-Konten umleiten, wo sinnlose Kriege geführt werden, wo man Menschen wegen ihrer Überzeugungen und ihres Glaubens einsperrt, foltert und ermordet. Dazu dann noch die Söhne Allahs mit Sprengstoffgürteln und Macheten. Alles ganz unerfreulich.

Dabei könnte es so schön sein auf diesem Planeten, wenn alle vernünftig wären, wenn sich alle an universelle Spielregeln hielten (als Christ empfehle ich die Zehn Gebote, die uns Moses einst auf zwei Steintafeln präsentierte). Aber die Welt ist eben nicht so.

Die Lehre des Sozialismus mit dem Endziel des Kommunismus basiert auf dem Gedanken, dass in der Gesellschaft der Zukunft alle Menschen nur das für sich persönlich aus dem großen Topf der Gemeinschaft herausnehmen und jeder gleichzeitig aus Überzeugung sein Bestes gibt für eben diese die große Gemeinschaft/Gesellschaft. Was für ein unfassbarer Bullshit. Noch nie hat das irgendwo funktioniert, immer hat es Elend und Leid hervorgebracht, und dennoch geben Millionen Menschen den Traum von der Welt, in der alle gleich sind, nicht auf. Sie schreiben jetzt „Öko“ davor, und dann auf ein Neues mit dem Sozialismus. Ich jedenfalls will nicht gleich sein mit allen anderen.

Heute Morgen hatte ich ein langes und inspirierendes Gespräch mit einem meiner Onkel, einem wunderbaren Mann, britischer Staatsbürger, aber die Zugehörigkeit zu einem Staat ist ihm völlig egal. Und er ist alles andere als ein Sozialist, ganz im Gegenteil, nach dem Krieg hat er sich fleißig nach oben gearbeitet, wurde erfolgreicher Unternehmer, hat viel Geld verdient und er sagt mit beim Frühstück in einem Düsseldorfer Nobelhotel: „Wir sind doch alle einfach nur Menschen. Warum können wir uns nicht gemeinsam darauf einigen, dass wir anständig miteinander umgehen?“ Ich muss dazu sagen, dass mein Onkel 94 Jahre alt ist, aber deutlich jünger wirkt. Ein bisschen wackelig auf den Beinen, aber ein kluger Mann, der mit seiner viele Jahre jüngeren beindruckenden Frau zwei Tickets für ein Konzert mit dem DJ-Weltstar David Guetta erworben hat. Und kein Zweifel: Sie werden dort hingehen. Unsere Kinder konnten das gar nicht fassen, als sie es beim Familienabendessen am Vorabend hörten.

Also mein Onkel hat eine Vision von einer Welt ohne Hass, ohne Armut und ohne Kriege und Gewalt. Ich widersprach ihm, dass das niemals funktionieren würde, weil: Die Menschen sind einfach nicht so.

Und er gab zu, dass es Jahrhunderte dauern werde, wenn es überhaupt jemals passiere. Aber: Man muss doch mal anfangen. Jede große Umwälzung beginnt mit einer Idee! Wer würde da widersprechen? Er sagt, dass die klügsten Menschen vor rund 500 Jahren noch davon überzeugt waren, dass die Erde eine Scheibe sei. Die Erde musste eine Scheibe sein, ganz sicher, denn sonst würde man ja runterfallen. Wohin auch immer. Der Physiker und Astronom Galileo Galilei war da schließlich ganz anderer Meinung. 1624 reiste er nach Rom und trug seine Theorie vom kopernikanische System in mehreren Gesprächen Papst Urban VIII. vor, der ihn zu weiteren Forschungen ermutigte. Natürlich gab es dann auch Stress mit der Heiligen Inquisition, die zu der Zeit gar nicht so heilig war. Aber das ist eine andere Geschichte.

Heute wissen wir alle, dass die Erde keine Scheibe ist, also mit Ausnahme der Anhänger der „Flat Earth Society„, die auch heute noch andere Vorstellungen von der Erde haben als hoffentlich Sie und ich. Die FES hat auf Facebook sage und schreibe 200.000 Follower, und ein Teil ihrer Anhänger spaltet sich gerade ab, weil sie ihre Gesellschaft für eine „staatlich kontrollierte Organisation“ hält, die uns Menschen manipulieren wollen. Wenn ich Zeit habe, werde ich mal recherchieren, ob da wieder Bill Gates und George Soros dahinterstecken, die uns allen zukünftig nicht mehr flache, sondern nun runde Chips heimlich ins Gehirn einpflanzen wollen, um uns fernzusteuern…

Doch von den Quartalsirren der „Flacherdler“ zurück zum Frühstück mit meinem Onkel und seiner Frau. Seine Vision in Kürze: Der erste Schritt zu einer heilen, einer perfekten Welt müsse eine einheitliche Sprache für alle sein, vielleicht Englisch, weil leicht zu erlernen und vielfältig, muss aber nicht. Die bisherigen Sprachen würden weiter genutzt, aber die universelle Sprache müsse jeder lernen. Und dann Schritt für Schritt weiter, den Hunger gemeinsam bekämpfen, Kriege ächten und so weiter. Ich finde es phantastisch, einen Onkel zu haben, der 94 Jahre jung ist, und der keine Sekunde daran denkt, auf einer Bank im Garten zu sitzen, bis seine letzte Stunde anbricht. Sondern der sich ernsthaft Gedanken um unser aller Zukunft macht, und zu David Guetta ins Konzert geht, mit einem Gehstock.

Mit herzlichen Grüßen,

Ihr Klaus Kelle

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Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.