Frühstück mit dem „Schattenmann der AfD“: „Ich bin nicht rechts, und ich verteile auch kein Geld“

Eine aktuelles Foto mit Tom Rohrböck war beim ersten Gespräch nicht drin. Vielleicht beim nächsten Mal...

von KLAUS KELLE

Ein Frühstück irgendwo morgens in einer Großstadt in Bayern. Strahlender Sonnenschein, frisch gepresster Orangensaft, Semmeln, schwarzer Tee und Cappuccino. Frühstück mit einem Mann, der gar nicht so leicht zu finden, schon gar nicht zu sprechen ist. Alle schreiben über ihn, alle wollen ein Interview, die investigativen Kollegen vom („Panorama“) Staatsfunk klingeln vor laufender Kamera an Türen, wo niemand öffnet und niemand ist und machen sich wichtig. Wohl alle politischen Journalisten in Deutschland würden gern mit dem „Schattenmann der AfD“ sprechen, dem „Phantom“, dem Netzwerker, der angeblich auch der Schattenmann der FDP und anderer Parteien sein soll.

Tom Rohrböck, die staatstragenden Medien behaupten, Sie seien der Schattenmann, der die AfD-Bundestagsfraktion fest im Griff hat. Haben Sie?

Ich denke mal nicht. Aber als Liebhaber alter französischer Genre-Filme fühle ich mich mit der Adaption zum „Fantômas“ geschmeichelt. Da wird ein Teil meiner Kindheit wieder lebendig. Ich bitte trotzdem, nicht am Gesicht von Jörg Meuthen zu zerren, er steckt wohl tatsächlich darunter. Ich bin es nicht.

Aber ernsthaft: Alice Weidel schätzt im Fernsehen, dass Sie mit mehr als der Hälfte der AfD-Bundestagsabgeordneten im engen Kontakt stehen. Ist das zutreffend?

Alice Weidel ist eine smarte Frau. Sie wird hoffentlich schon wissen, wovon sie redet. Ich spreche generell mit jedem, der ein interessanter Gesprächspartner sein kann. Dazu zählen auch Gesprächspartner der Partei von Frau Dr. Weidel.

Gerade weil ich selbst ein Libertärer im angelsächsischen Sinne bin, gehe ich davon aus, dass man jedem Menschen gegenüber mit einem gewissen Respekt begegnet und auch Meinungen offen austauscht.

Aber Medien schreiben von Ihnen als „rechtsextremen Netzwerker“…

Ich bin sicher ein Mann, dem per Zufall ein gutes Netzwerk zugefallen ist. Rechts oder gar rechtsextrem ist an mir nichts.

Sie beraten auch andere Parteien und Politiker. Welcher Parteien?

Ich berate keinen. Es ist eine krude Behauptung einiger Journalisten, dass ich Politikberater sei. Ich spreche mit interessanten Menschen. Und wenn mich jemand im freundlichen Gespräch fragt, wie ich auch politische Themen bewerte, gebe ich gerne mal meine Einschätzung weiter.

Aber die „Zeit“ schreibt, dass Sie auch Geld und sogar Jobs für AfD-Politiker besorgt haben…

Ich habe die „Zeit“ noch nie gelesen. Aber ich habe gehört, dass es früher mal eine seriöse Zeitung gewesen sein soll. Ich verteile kein Geld.

Sie sollen AfD-Politikerinnen geholfen haben, innerparteiliche Wahlen zu gewinnen…

Hmm, es ist durchaus möglich, dass ein Meinungsaustausch mit mir auf die eine oder andere Art und Weise motiviert hat.

Versuchen wir es anders: Die Frage, auf die alle eine Antwort suchen: In welchem Auftrag sind Sie als politischer Lobbyist aktiv? Wer bezahlt Sie?

Die Frage impliziert die Annahme, dass man sich nur durch Bezahlung mit AfD-Politikern unterhält. Dem ist nicht so.

Die sogenannten Investigativ-Journalisten zeichnen von Ihnen das Bild eines rechtsmotivierten Strippenziehers, der besonders bei der AfD großen Einfluss ausübt. Das ist mehr als Gespräche führen…

Ich bin vor langen Jahren und mehr durch Zufall zu einem guten Netzwerk gekommen. Rechts motiviert bin ich definitiv nicht. Ich ziehe auch keine Strippen. Aber es kann schon sein, dass ich auf den ein oder anderen Gesprächspartner inspirierend wirke.

Führen Sie solche inspirierenden Gespräche auch mit Politikern von Grünen oder der Linken?

Ja, ich rede mit jedem. Und ich habe auch schon mit Sozialisten, Sozialdemokraten und Grünen angenehme Gespräche geführt.

Sie kennen Alice Weidel, die bei „Panorama“ behauptet hat, dass Sie mit mehr als der Hälfte der AfD-Bundestagsfraktion in Kontakt stehen. Auf die Frage, ob sie Angst vor Ihnen habe, antwortete sie spontan mit Ja und deutet das dann in „Respekt“ um. Das klingt nach mehr als einem Meinungsaustausch…

Mit der Frage um „Angst“ und „Respekt“ arbeiten auch Sie mit der Suggestion des Phantoms. Bilder wirken.

Dr. Alice Weidel ist eine intelligente Frau. Aber ich schätze mal, dass sie da sehr irrt.

Alice Weidels Aufstieg in der AfD kam für viele Parteifreunde damals überraschend. Plötzlich war sie da und kurz darauf ganz oben und an der Fraktionsspitze. Eine typische AfD-Karriere?

Man erzählt, dass damals Ersatz für das übermächtige Paar Frauke Petry und Marcus Pretzell gesucht wurde. Die beiden führten die AfD bekanntlich eine Zeit lang quasi vom Liegemöbel aus.

Eine junge gebildete Frau aus dem Westen sollte aufgebaut und dem AfD-Übervater Alexander Gauland vor der Bundestagswahl 2017 zur Seite gestellt werden. Die Wahl fiel auf Alice Weidel.

Dieses Interview wurde geführt bevor weitere Spekulationen in Medien aufkamen, wie weit der Arm von Tom Rohrböck auch in FDP und SPD hinein reichen könnte. Wir werden versuchen, auf dem gleichen Weg noch einmal Kontakt zu ihm herzustellen, um auch diese Fragen zu klären.

Bildquelle:

  • Tom_Rohrböck: fran duczmal

Unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende

Jetzt spenden (per PayPal)

Jetzt abonnieren

Über den Autor

Klaus Kelle
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für vielgelesene Zeitungen und Internet-Blogs.