Früherer US-Außenminister Colin Powell im Alter von 84 Jahren gestorben

ARCHIV - Der ehemalige US-Außenminister Colin Powell ist im Alter von 84 Jahren nach einer Corona-Infektion gestorben. Foto: Michael Urban/dpa/Pool/dpa

von JÜRGEN BÄTZ

WASHINGTON – Colin Powell hat den Vereinigten Staaten in seiner vier Jahrzehnte langen Karriere unter anderem als oberster Soldat, wichtiger Präsidentenberater und schließlich als Außenminister gedient.

Für viele Afroamerikaner und Angehörige von Minderheiten war er ein Vorreiter: Der Sohn jamaikanischer Einwanderer aus einfachen Verhältnissen wurde als erster Schwarzer Generalstabschef des US-Militärs und später Außenminister. Seine Amtszeit als Top-Diplomat ab 2001 wurde von den Ereignissen nach den Anschlägen vom 11. September überschattet, also dem Kampf gegen den Terror – und insbesondere der umstrittenen Invasion im Irak. Powell starb am Montag im Alter von 84 Jahren, wie seine Familie mitteilte.

Powell hatte seit Längerem gesundheitliche Probleme

Der pensionierte General erlag Komplikationen nach einer Corona-Infektion, wie die Familie in einem Facebook-Post mitteilte. Powell sei vollständig gegen das Coronavirus geimpft gewesen, hieß es. Powell hatte Medienberichten zufolge aber seit Längerem gesundheitliche Probleme. Er soll an Blutkrebs gelitten haben. «Wir haben einen herausragenden und liebevollen Ehemann, Vater, Großvater und einen großen Amerikaner verloren», erklärte die Familie.

Powell war unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush Außenminister geworden. Bush und seine Frau Laura erklärten am Montag, Powell habe dem Land herausragend gedient, «beginnend mit seiner Zeit als Soldat in Vietnam». Viele Präsidenten hätten seinem Rat vertraut. Er sei ein Freund und herausragender Mann gewesen.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte, die Welt habe «eine der herausragendsten Führungspersönlichkeiten verloren». Powell sei seit vielen Jahren ein Freund und Mentor für ihn gewesen, sagte der frühere General. «Wir werden ihn definitiv vermissen. Ich fühle mich, als hätte ich ein Loch in meinem Herzen», sagte Austin.

Rolle im Irakkrieg

In der Bush-Regierung galt Powell als Verfechter des Multilateralismus und als gemäßigte Kraft, wohingegen Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Ruf von Hardliner hatten. Das zeigte sich besonders vor dem Beginn des Irakkriegs: Die Hardliner drängten unter Berufung auf angebliche Erkenntnisse der Geheimdienste zu Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen auf ein militärisches Vorgehen.

Im Februar 2003 warb Powell schließlich in einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat unter Berufung auf die später diskreditierten Geheimdiensterkenntnisse um Zustimmung für den Irakkrieg. Im Ruhestand bezeichnete Powell diese Rede später als großen Fehler.

Powell erklärte nach Bushs Wiederwahl im November 2004 seinen Amtsverzicht. Vor der Wahl 2008 überraschte der Republikaner seine Parteikollegen und sprach sich für den demokratischen Kandidaten Barack Obama aus.

Powell war Trump-Kritiker

Auch dem späteren republikanischen Kandidaten Donald Trump stand Powell kritisch gegenüber. Er unterstützte schließlich die Demokratin Hillary Clinton. Vor der Wahl 2020 kündigte Powell an, für den Demokraten Joe Biden zu stimmen. Trump entferne sich von der Verfassung und werde «gefährlich für unsere Demokratie, gefährlich für unser Land», sagte Powell damals. «Er lügt über Dinge und er kommt damit durch, weil Menschen ihn nicht zur Rechenschaft ziehen», erklärte er weiter.

Nach dem Tod des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz 2020 äußerte sich Powell auch kritisch zum Problem des Rassismus in den Vereinigten Staaten. Er kritisierte wiederholt auch Trumps feindselige Haltung gegenüber Immigranten.

Powell, der in New York in einfachen Verhältnissen aufgewachsen war, schloss 1958 seine Offiziersausbildung ab und wurde Leutnant im Heer der US-Streitkräfte – nur zehn Jahre nach der Abschaffung der amtlichen Rassendiskriminierung im US-Militär.

Von 1962 bis 1963 kämpfte Powell in Vietnam, wo er verwundet wurde. Bei seinem zweiten Vietnam-Einsatz 1968 befehligte er zunächst als stellvertretender Kommandeur ein Infanteriebataillon. Er war dann Stabsoffizier im Divisionshauptquartier. 1972 wurde er erstmals nach Washington versetzt und machte im Verteidigungsministerium Karriere.

35 Jahre Karriere im US-Militär

Powell diente dem US-Militär rund 35 Jahre lang. Zeitweise war er auch in Deutschland stationiert. Unter Ex-Präsident Ronald Reagan stieg Powell zum Leiter des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus auf. Während des ersten Irakkriegs 1991, unter dem damaligen Präsidenten George Bush senior, diente Powell dann als US-Generalstabschef. Dabei war er nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion auch mit der Umsetzung von Abrüstungsverträgen befasst.

Ende 1993 ging der Vier-Sterne-General in den Ruhestand. Als Berater und Redner verdiente er daraufhin Medienberichten zufolge jährlich Millionen US-Dollar, auch seine Biografie verkaufte sich gut.

Powell wurde mehrfach als möglicher Präsidentschaftskandidat der Republikaner gehandelt – etwa vor der Wahl 1996. Powell schien aber nie wirklich Interesse zu haben, sich als Kandidat in die politische Arena zu begeben. Der Republikaner galt nach seiner Zeit im Außenministerium als respektierter Elder Statesman – und das quer durch das politische Spektrum. Powell galt als unabhängiger Denker.

US-Außenminister würdigt Powell

US-Außenminister Antony Blinken, ein Demokrat, würdigte Powell am Montag: «Er war ein Mann der Ideen, aber er war nicht ideologisch. Er hörte ständig zu, lernte, passte sich an. Er konnte Fehler zugeben. Das war nur ein weiteres Beispiel für seine Integrität.» Blinken sagte weiter, Powells Karriere sei «im weiteren Sinne ein Sieg für den amerikanischen Traum» gewesen: nämlich «für das Prinzip, dass in unserem Land Menschen so weit aufsteigen können, wie ihr Talent, ihre Fähigkeiten, ihre Träume und ihre Disziplin sie tragen».

Powell hinterlässt seine Frau Alma und drei erwachsene Kinder. Powell wurden zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen verliehen, darunter die Freiheitsmedaille des US-Präsidenten und das Bundesverdienstkreuz.

Bildquelle:

  • Colin Powell: dpa

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