Früher war nicht nur mehr Lametta, früher war auch mehr Familie

von PETER WINNEMÖLLER

Wer eben kann, trommelt an Weihnachten die Familie zusammen. Das ist doch das Fest der Familie! Bei all dem romantischen Weihnachts-Kitsch schlägt der Christ schon mal die Hände über dem Kopf zusammen. In Bethlehem wird der Erlöser als Kind geboren, arm und in einer Futterkrippe kommt der Höchste in die Welt, um sie am Kreuz zu erlösen. Kitsch? Romantik? Fest der Familie?

Doch, Weihnachten ist durchaus auch das Fest der Familie. Denn das erst, das Christkind, das im Stall das Licht der Welt erblickt, macht aus dem heiligen Paar, Maria und Josef, die heilige Familie. So ist das immer; eins plus eins ergibt drei, dies ist das tiefste Geheimnis der göttlichen Arithmetik der Liebe. Erst durch diese Formel wird eine Familie zur Familie.

So gedenkt die Kirche an Weihnachten natürlich der Geburt des Erlösers. Es ist eines der höchsten Feste, aber nicht das höchste Fest. Das ist Ostern. Weihnachten ist allerdings das Fest, mit dem die meisten Emotionen der Menschen verbunden sind. Das liegt sicher am Kind in der Krippe, an der Geburt, am Werden der jungen heiligen Familie. Da stecken immer Emotionen drin. Auch heute noch ist die Geburt eines Kindes eines der größten und eindrücklichsten Ereignisse im Leben eines jungen Paares. Da kommen ganz große Gefühle auf.

Was wundert es da, wenn Weihnachten im Volksbrauch zum Fest der Familie wird. Wer eben kann rückt in diesen Tagen zusammen. Man nimmt sich über die Tage frei, man besucht sich. Weihnachten allein ist selbst für ungläubige Weihnachts-Verächter ein Horror. Nicht umsonst sind in einer emotional kälter werdenden Welt in der Heiligen Nacht die Kneipen geöffnet und rappelvoll. Früher war nicht nur mehr Lametta, früher war auch mehr Familie. Doch dem allem zum Trotz fährt an Weihnachten nach Hause, wer es eben ermöglichen kann. Wo immer dieses Zuhause auch sein mag, über die Tage sucht man es zuweilen nur auf, um es danach so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Aber man sucht es auf. Weihnachten mobilisiert die Menschen schon seit jener Zeit. Auch Maria und Josef mußten sich in Josefs alte Heimat, in die Davidsstadt begeben. Mobilität an Weihnachten ist gar nicht so unbiblisch.

Doch auch das ist klar, nicht alle können Weihnachten mit ihren Lieben verbringen. Ob es nun an Bord auf hoher See ist, auf der Ölbohrplattform in der Nordsee oder im Krankenhaus nebenan. Viele Menschen müssen an Weihnachten arbeiten. Manche müssen an Weihnachten auch fern der Heimat sein. Piloten, Soldaten, Seeleute und andere trifft dieses Schicksal. An keinem Fest fällt es den Menschen so schwer, nicht daheim sein zu können oder auch nur für Stunden arbeiten zu müssen, wie an Weihnachten.

So tief sitzt die Tradition dieses Festes in unserem Volk verankert. Weihnachten feiern auch die, die längst vergessen haben, was der Kern des Festes ist. An Weihnachten arbeiten zu müssen, womöglich fern der Heimat, belastet auch die, die kaum auf die Idee kämen in der Heiligen Nacht eine Christmette zu besuchen oder das Hochamt am ersten Feiertag. Das Fest der Familie, das ist das Restfragment der christlichen Weihnachtsbotschaft in einer postchristlichen Welt, die die Weihnachtsbotschaft schlicht vergessen hat. Doch dieser Rest birgt die Chance, die Botschaft von Weihnachten neu zu verkündigen. Da könnte es doch ein Anfang sein, den Menschen, die arbeiten müssen, ein wenig weihnachtliche Wärme spüren zu lassen.

Wenn sie also am Fest einem jener Menschen begegnen, die in Pflege oder Dienstleistung tätig sein müssen, statt mit ihrer Familie zu feiern, schenken Sie ihnen ein fröhliches Lächeln und einen freudigen Weihnachtsgruß. Das kann dieser Anfang sein. Ein Kind ist uns geboren. Ein Grund zur Freude. Ein Fest der Familie, doch auch ein Fest des Friedens, der nicht von dieser Welt ist. Denn auch das sollten wir in diesen friedlosen Tagen nicht vergessen. Die Weihnachtsbotschaft der Engel in jener Nacht lautete: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.

Das wünsche ich auch unseren Lesern.

Bildquelle:

  • advent-80125_960_720: pixabay

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