von KLAUS KELLE
In Russland hat es gestern wieder Demonstrationen gegen Wladimir Putin gegeben. Die Teilnehmerzahlen waren überschaubar, Behörden sprechen von ein paar hundert überwiegend jungen Protestierern, die Opposition von wenigen tausend. Nichts Besonderes, könnte man meinen, wenn man davon absieht, dass es überhaupt Leute gibt, die sich in diesem Land auf die Straßen trauen, um Putin öffentlich zu bewegen, 2018 nicht erneut als Präsident zu kandidieren. In Moskau duldeten die Behörden überraschender Weise die Proteste, in St. Petersburg und anderswo gab es ca. 150 Festnahmen.
Russland ist wichtig für Europa insgesamt und Deutschland insbesondere. In Kommentaren russischer Zeitungen wird davon ausgegangen, dass Angela Merkel auch nach der Bundestagswahl im September im Kanzleramt verbleiben wird. Und so richten sich die Augen politischer Beobachter auf das für morgen geplante Treffen Merkels und Putins in Moskau. Beide kennen sich gut, Merkel spricht Russisch, Putin Deutsch. Beide haben Interesse daran, dass das Verhältnis zwischen ihren Ländern möglichst gut ist, man aber wenigstens im Gespräch bleibt.
Gespräch, das ist in der Vorstellung des Kreml vorrangig Business, sprich die Aufhebung der Sanktionen nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim. Aus deutscher Sicht geht nichts, ohne sichtbare Fortschritte in der Ukraine-Krise. Nach wie vor führen russische Söldner Krieg in der Ostukraine, nach wie vor ist die Krim besetztes Territorium. An eine Aufhebung der Sanktionen ist nicht einmal im Traum zu denken.
Und so sollten wir auch keine großen Erwartungen an das Treffen morgen haben. Man wird einen Meinungsaustausch pflegen, Tee trinken und zur Tagesordnung zurückkehren. Aber auch das kann in frostigen Zeiten ein Schritt vorwärts sein.