MÜNCHEN – Als der US-Klassiker «Sweet Caroline» aus den Lautsprecher-Boxen der Münchner Allianz Arena hallte, fühlte es sich für Football-Superstar Tom Brady kurz wie ein NFL-Event in seiner Heimat an.
Doch die Quarterback-Legende wusste nach dem Sieg seiner Tampa Bay Buccaneers gegen die Seattle Seahawks selbst, dass das erste Hauptrundenspiel der National Football League in Deutschland alles andere als normal war. 69.811 frenetisch jubelnde deutsche Football-Fanatiker kreierten eine Stimmung, die auch Brady begeisterte.
Der beste Footballprofi der Geschichte hatte eine spektakuläre Kulisse gefordert – und er bekam sie. «Das war eine der besten Football-Erfahrungen in meinem Leben. Mehr Stimmung geht nicht», sagte der 45-Jährige nach dem 21:16.
Brady mit zwei Touchdownpässen und einer Interception
Unter ohrenbetäubendem Lärm und zehntausenden Handylichtern wurde Brady vom Feld verabschiedet. «Das war episch», sagte der siebenmalige Superbowl-Gewinner anschließend. Seine Pressekonferenz ließen sich auch die Bayern-Stars Jamal Musiala und Alphonso Davies nicht entgehen.
Brady, der als erster Quarterback ein NFL-Spiel in vier verschiedenen Ländern gewinnen konnte, warf zwei Touchdownpässe und erzielte mit Pässen einen Raumgewinn von 258 Yards. Der 45-Jährige leistete sich im letzten Viertel auch eine Interception. Für den Superbowl-Gewinner von 2021 aus Florida war es nach einem durchwachsenen Saisonstart der zweite Sieg in Folge; das Team von Trainer Todd Bowles festigte seine Führung in der NFC South. Die Seahawks kassierten nach vier Siegen hintereinander wieder die erste Niederlage.
Deutsche Sport-Prominenz dabei
Schon Stunden vor dem Kickoff hatten Tausende Football-Fanatiker die Esplanade vor der Allianz Arena in eine verrückte NFL-Party verwandelt. Den ersten Auftritt von Brady wollte sich niemand entgehen lassen – auch nicht die deutsche Sport-Prominenz. Vor der Reise zum WM-Treffpunkt der Fußball-Nationalmannschaft versammelten sich Thomas Müller, Musiala und Co. am Spielfeldrand; ihre Bundesliga-Kollegen Mats Hummels (Dortmund) und Christoph Kramer (Mönchengladbach) sowie Tennisprofi Alexander Zverev verfolgten das Footballspiel von den Rängen. Mehr als drei Millionen Tickets hätten verkauft werden können, so groß war die Nachfrage.
Bis zu den ersten Punkten mussten sich alle gedulden. Vielleicht waren die Reisestrapazen und der Jetlag verantwortlich für eine auf beiden Seite unkonzentrierte Anfangsphase. Seattles aufstrebender Spielmacher Geno Smith wurde bei einem Passversuch zu Fall gebracht, die Buccaneers vergaben einen Field-Goal-Versuch.
Erst zu Beginn des zweiten Viertels brachte Brady die Fans zum Ausrasten. Gerade, als laute «Seahawks»-Sprechchöre durch die Arena hallten, warf der 45 Jahre alte Spielmacher den Ball auf Jones. Der wendige Passempfänger tanzte die Seahawks-Defensive aus und lief in die Endzone. Nach einem weiteren Touchdown ging Tampa Bay mit 14:0 in die Pause.
Liga-Chef Roger Goodell verfolgte das Geschehen mit zufriedener Miene. Die Stimmung dürfte für den 63 Jahre alten Commissioner Grund genug sein, um künftig mehr Partien der besten Football-Liga der Welt nach Deutschland zu holen. Vor dem Kickoff hatte die «Bild» berichtet, dass es neben dem bereits geplanten Spiel in Frankfurt/Main im kommenden Jahr ein weiteres geben soll.
Goodell war Zeuge einer Dauerparty, die mit DJ Ötzis «Hey Baby» nach der Pause einen ihrer Höhepunkte erreichte. «Ich habe es geliebt. Ich will auf jeden Fall zurückkommen», sagte Wide Receiver Julio Jones von den Buccaneers. Als ein Field Goal die Seahawks erstmals auf die Anzeigentafel brachte, flippten auch die grün-blau-gekleideten Anhänger so richtig aus.
Wer ließ sich zunächst davon nicht beeindrucken? Klar, Brady, der im März nach nur 40 Tagen sein Blitz-Comeback angekündigt hatte. Sein Können demonstrierte der siebenmalige Super-Bowl-Champion bei seinem zweiten Touchdown-Pass im letzten Viertel. Anschließend starteten die Seahawks auch dank eines abgefangenen Passes von Brady ihre Schlussoffensive – zu spät. «Ich weiß nicht, ob wir Alkohol im Flugzeug haben. Ich trinke nicht viel. Aber ein paar Bier werden es schon sein», sagte Brady.
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- Tom Brady: dpa